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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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N o t i z e ii.

Einer unserer verehrten Mitarbeiter giebt
in der Darmstädter Zeitung folgenden interessan-
ten Bericht über:

Das deutsche Aunstgewerbe auf dem
Mzean

den wir sür interessant genug halten, um ihm
an dieser Stelle abzudrucken.

„Ein alter guter Glaube lehrt uns, daß mächtige
politischs Ereignisse, große nationale Kämpfe, welche
die Entwickelung der Menschheit in ungewohnte Bah-
nsn lenken und den Völksrn neue Aufgaben und
Ziele zuweisen, auch auf die Phantasie einen nach-
haltigen Einfluß üben, Wesen und Richtung der Kunst
mitbestimmen." Mit diesen Worten Springers läßt
sich süglich die Bewegung kennzeichnen, wslche vor nicht
langen Jahren das deutsche Kunstleben erfaßt und
auf einzelnen Gebieten, wie in der Architektur und
namentlich im Kunstgewerbe so erfolgreich umgestaltet
hat. Aus einem inneren Zuge hervorgegangsn und
von bsgeisterter Empfindung getragen, gestüHt durch
den Anschluß an die Vorbilder einer großen Ver-
gangenheit, geläutert endlich durch redliche Vertiefung
in die vielseitigen Aufgaben, ist der Aufschwung zu
einer solchen Mächtigkeit gedishen, daß er die breite-
sten Schichten erfaßt hat. Fast giebt es kein Gebiet,
das nicht die wohlthätigstsn Anregungen erführe.
Allerwärts schmückt sich bsreits das Leben dss Volkes
mit den Fortschritten dsr kunstgewerblichen Richtung,
und teilwsise nicht ohne Neid erkennt das Ausland
in diesen Kundgebungen auf dem Fslde des Ge-
schmackes nsue Siege des deutschen Geistes. Als man
in Frankreich unter Ludwig XV. den Rückgang der
großen Kunst besorgte, wendete Blondel, einer der
bsgabtesten Künstler der Zeit, sich an den Trägsr der
höchstsn Macht, daß er dem Niedergang der Kunst
steuers. Wie ganz anders, wenn in frsisr Thätigkeit
die in unserem Volke ruhenden Kräfte sich anspannen
und im Ringen nach den Gütern der Zeit auch die
Entfaltung der künstlerischen Anlagen pflegen. Ein
ähnlichsr Zug lisß einst unsers deutschen Kaufleute
ihre Kauf- und Lagerhäussr zu bleibendenDenkmalen
der Kunst gestaltsn. Jhrs Nisderlagsn in dsr Fremde
waren der Stolz der Nation: in London vsrkündete

Kunstgewerbeblaü. 11.

der Stalhof den Ruhm der Hansa; in Venedig schmück-
ten Wandbilder die Außenseite der Herberge dsr
deutschen Kaufleute, und das Jnnere barg Dürers
köstlichstes Tafslbild in der Kapelle. Und wieder er-
ösfnen die unternshmungsreichen Kaufherren in der
alten Hansestadt Bremen der dsutschen Kunst ein Ge-
biet, das ihr seither verschlossen war: die künstlerische
Ausstattung der großen Schnelldampfer des nord-
deutschen Lloyd.

Längst durch Stärke, Schnelligkeit und muster-
gültige Führung ausgezeichnet. wsrden die Schiffe
des norddeutschen Loyd künftig auch die Ehre des
heimischen Kunstgewerbes in ihrer wohnlichen Aus-
stattung würdig vertreten. Geschisht es doch jetzt zum
erstenmal, daß deutsche Arbeit und deutsche Kunst in
jene Räume ihren Einzug hält, nachdem dieselben
seither gewohnheitsmäßig im Auslands waren einge-
richtet worden. Dabei handelte es sich keineswegs
darum, den seither eingehaltenen Weg nachzutreten
und in zwar gediegener, aber knappsr, kühler Form
sich in dem begrenzten Rahmen der Aufgabs zu be-
wegsn, sondcrn frischen Zug hineinzutragen und selbst
die Ausgestaltung von Schiffsräumen in flotter künst-
lerischer Weiss zu lösen. Jm Äußeren künden freilich
die eisernsn Schiffsungeheuer in allen Linisn nur ge-
schlossene Kraft und gesteigerte Ansprüche an ihre
Schnelligkeit. Nicht immer entbehrts der Bau des
Schiffes dss künstlerischen Schmuckes. Vom Bucen-
taur des Dogsn von Vensdig bis zu den Drsimastern
der spanischen und nordischen Flotten waren sie alle
im Geschmack der Zeit mit bildnsrischem und maleri-
schem Schmucke rsich versehen: die Seestücke der
van der Velde u. a. zeigen uns ihren barocken Auf-
bau von Gold und Farbe strahlend. Lange hatte
die kühle Nützlichkeit jeglichs Kunst vom Bord der
Schiffe verbannt, und fast wollte es scheinen, wie
wenn die Schnellschiffe unserer Zeit recht sigentlich
mit der Kunst auf immer gebrochen hätten. Polirte
Hölzer, glänzend gestrichene Flächen, blank gescheuer-
tes Metall bildeten den Jnbegriff jeglichsr Schiffs-
ausstattung. Und nun wird mit jener puritanischen
Überlieferung gründlich aufgeräumt: reichentwickelte
Formsn, mannigfacher Schmuck an Farbe und Gold,
die Behaglichkeit eines hochentwickelten Geschmackes
zieht in jene Räums ein, welche auf die Dauer der

SO
 
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