Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

DOI Artikel:
Scherer, Christian: Beiträge zur Geschichte der Kunsttöpferei, [11]: Fürstenberger Porzellanfiguren im Herzoglichen Museum zu Braunschweig
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0141

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
110

BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER KUNSTTÖPFEREI.

In der an kostbaren und interessanten StüGken
reichen Elfenbeinsammlung des herzoglichen Museums
befindet sich nämlich unter No.567 die 0,158 hoheFigur
einer Kleopatra (Abb. 2.), welche, wie schon eine ober-
flächliche Vergleichung lehrt, das Vorbild für unser
Fürstenberger Figürchen gewesen ist. Die Überein-
stimmung beider Werke, selbst in Kleinigkeiten, ist
so überraschend, dass die Abhängigkeit des einen
von dem andern überhaupt nicht in Zweifel gezogen
werden kann. Es wird daher genügen, die kleinen
Abweichungen kurz hervorzuheben, die, wie schon
gesagt, durch Material und Technik veranlasst sind.
Im Gegensatz zu der oben erwähnten unsicheren
Stellung der Porzellanstatuette steht die Elfenbein-

während die Elfenbeinstatuette frei und in sich selbst
gefestigt dasteht, die Porzellanfigur der Stütze be-
darf, welche ihr dadurch gegeben ist, dass sie mit
mehreren Stellen des Körpers an dem die Vase
tragenden Sockel haftet, ja geradezu klebt.

Alle diese Mängel werden erst durch eine Ver-
gleichung beider Werke genauer sichtbar, während
man sie leicht übersehen kann, wenn man die Por-
zellanfigur für sich allein betrachtet. Sie beweisen
aber auch, dass die letztere der Elfenbeinstatuette
und nicht umgekehrt diese der Porzellanfigur nach-
gebildet ist, was übrigens schon aus der Thatsache
hervorgeht, dass die Elfenbeinsammlung'des herzog-
lichen Museums in ihrem jetzigen Bestände nach-

Fig. 1. Kleopatra (Porzellan).

Fig. 2 (Elfenbein).

Fig. 3. Venus (Porzellan).

figur fest und hochaufgerichtet da. Den Kopf mit
dem etwas schmerzlichen Ausdruck leicht seitwärts
in die Höhe gerichtet, den rechten Fuss fest auf den
Boden aufgesetzt, den linken spielend zurückgestellt,
so tritt uns diese Kleopatra entgegen, graziös und
anmutig bewegt uud doch zugleich in stolzer, ja
königlicher Haltung, so dass man auch ohne das
Diadem in dieser Frau sofort eine Königin erkennt.
Diesen Charakter hat die Figur bei ihrer Über-
tragung in das Porzellan eingebüsst. Die stolz auf-
gerichtete Gestalt mit ihren schön geschwungenen
Umrissen erscheint hier infolge des Brandes, durch
welchen sie sich stark geworfen hat, gekrümmt und
verschoben. Sämtliche Verhältnisse, die dort schlank
und ebenmässig waren, zeigen sich hier gedrückt
und unproportionirt; dazu kommt dann noch, dass,

weislich schon im Anfange des vorigen Jahrhunderts
vorhanden war, während die Porzellanfigur nicht vor
dem Jahre 1753, wo das erste weisse Porzellan in
Fürstenberg hergestellt wurde, entstanden sein kann.
Wer die Figur modellirte, wissen wir nicht, und
es wäre müssig, sie mit den Namen Von bekannten
Bildhauern, wie Feilner, Rombrick, Möller, Schubert,
Leplan, Desoches u. a., in Verbindung bringen zu
wollen, welche, wie feststeht, für Fürstenberg thätig
waren und namentlich in den 70 er und 80 er Jahren
des vorigen Jahrhunderts Modelle für die dortige
Fabrik lieferten. *)

1) Dies geht aus den beiden alten Formenbüchern hervor,
die ich bei einem kürzlich abgestatteten Besuche in Fürstenberg
einsehen konnte. Eine in denselben, jedoch ohne den Namen des
Modelleurs erwähnte Kleopatra dürfte wohl die unsrige sein.
 
Annotationen