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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Scherer, Christian: Bemerkungen über Modelleure der Fürstenberger Porzellanmanufaktur und ihre Modelle
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0038

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Aus dem Werke: Heiden: Motive (Leipzig, A. Seemann).

BEMERKUNGEN ÜBER MODELLEURE
DER FÜRSTENBERGER PORZELLANMANUFAKTUR

UND IHRE MODELLE.

VON CHR. SCHER ER.
MIT ABBILDUNGEN.

fei

IM vorigen Jahrgange dieses
' Blattes S. 109 ff. hatte ich
an einigen Figuren aus der
Sammlung der Fürstenberger
Porzellane des herzoglichen
Museums zu Braunschweig

die Arbeitsweise der Mo-
delleure an der Fürstenberger
Manufaktur zu beleuchten versucht. Heute bin ich
in der Lage, einige weitere Beiträge zu diesem
Thema liefern zu können, von denen ich hoffe, dass
sie den Freunden der Keramik nicht unwillkommen
sein werden.

Zunächst einen Nachtrag bezw. eine Berichtig-
ung zu meinem früheren Aufsatz. Durch Nach-
forschungen ist es mir gelungen, das statuarische
Vorbild für die von mir Venus oder Seegöttin ge-
nannte Porzellanfigur1) zu finden. Schon damals
vermutete ich, dass auch die Bronze, welche ich als
Vorbild dieser Figur nachweisen konnte, keine selb-
ständige Schöpfung, sondern die Kopie nach einem
der großen Plastik angehörigen Werke sei; doch
irrte ich, als ich dasselbe in der italienischen Kunst
suchen zu müssen glaubte. Inzwischen habe ich es
nämlich in einer Marmorstatue der Amphitrite,
einem Werke von Michel Anguier (f 1686) entdeckt,
das aus dem Garten von St. Cloud in den Saal
Coysevox des Louvre versetzt worden ist.2) Wenn

1) Abgeb. Kunstgewerbeblatt. N. F. I. S. 110.

2) Abgeb. bei Lacroix, XVII siecle Fig. 143.

nun auch die Möglichkeit, dass der Fürstenberger
Modelleur unmittelbar nach diesem Originalwerk
oder vielmehr nach einem Stiche desselben1) ge-
arbeitet habe, zugegeben werden soll, so scheint doch
in diesem Falle die Annahme, dass er die Bronze-
statuette als Vorbild benutzt hat, um vieles wahr-
scheinlicher. Doch wie dem auch sei, sicher ist die
Porzellanfigur keine originale Schöpfung, sondern
die getreue Nachbildung eines älteren Werkes.

Wie dieses im vorliegenden Falle französischen
Ursprunges war — denn auch die Bronze dürfte jetzt
nach Entdeckung des Originalwerks eher fran-
zösischer denn italienischer Herkunft sein — so hat
auch für eine andere Fürstenberger Figur der hie-
sigen Sammlung ein Werk der französischen Skulptur
vorbildlich gewirkt. Es ist die 0,215 hohe, schlicht
weiße und glasirte Statuette eines sitzenden Cupido,
der den Finger nachsinnend an den Mund gelegt
hat und schelmisch vor sich hinblickend sein Opfer
ins Auge zu fassen scheint, für welches er dem neben
ihm liegenden Köcher einen Pfeil zu entnehmen sich
anschickt (s. Abbild.). Das Werkchen ist so frisch und
lebendig, so fein und liebenswürdig erfunden und durch-

1) Die Statue soll nach einer Angabe bei Nagler,
Künstlerlexikon I. S. 130 von L. Desplaees gestochen sein,
doch ist mir dieser Stich nicht bekannt. Dagegen kenne ich
den sohlechten und völlig manierirten Stich von Simon
Thomassin in seinem 1710 zuerst erschienenen und 1750 neu
herausgegebenen Buche: Collectio figurarum, configuratio-
num .... ubi nunc conspieiuntur in Arce et Aula Versaliensl
Tab. 118.
 
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