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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

DOI Artikel:
Heiden, Max: Moderne Kirchenstoffe und Stickereien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0141

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Fig. 1. Antependinm naoli Entwurf von Hase in Hannover gearbeitet im Mariettenstift daselbst.

MODERNE KIRCHENSTOFFE UND STICKEREIEN,

VON MAX HEIDEN.

MIT ABBILDUNGEN1).

(Schluss.)

einen so großen Reiz,
keit in der Weberei

ROTZ der schönsten und ge-
lungensten Nachbildungen
gewebter alter Stoffe gebührt
der Stickerei im Bereiche
der Kirchenausstattung der
Vorrang. Der Charakter der
Handarbeit, die eigene per-
sönliche Leistung dabei birgt
dem die maschinelle Thätig-
bei allem Erhaschen nach

künstlerischen Wirkungen nur annähernd gleich
kommt. Auch in ethischer Beziehung berühren sich
die Gegensätze dieser beiden Kunstfertigkeiten nir-
gends so scharf als im Kirchenschmuck. Es ist, als
ob ein Gefühl seelischer Befriedigung in den Sticker-
eien läge, an denen viele gemeinsam aus Liebe zur
Sache thätig waren. Selbst wenn bei geringen zeich-
nerischen Anhaltspunkten der gewebte gemusterte Sei-

1) Berichtigung. In dem ersten Teil dieses Artikels ist
zur Unterschrift unter Abbild. 5 hinzuzufügen: Stoff nebst
Borte, sowie die ganze Kasel von F. FerKngs in Krefeld ge-
gewebt und hergestellt.

dendamast als Vorwurf für eine Ausnäharbeit genom-
men werden muss, so ist immerhin darin eine gewisse
eigene Selbständigkeit für den Zweck ausgedrückt.

Wir wollen uns doch dagegen wehren, die Kir-
chen der modernen Zeit schablonenhaft zu schmücken
und solchen Räumen nicht die Würde eines schema-
tischen Amtszimmers verleihen.

Wie man dem eigenen Heime durch liebevolle
Selbstthätigkeit unbewusst einen individuellen Cha-
rakter giebt, so kann sich auch im ernsten Schmucke
der Kirche, je nach dem Sinne der Gemeinde, etwas
Bestimmtes, Eigenartiges ausdrücken. Dabei soll
nicht hintenangesetzt werden, dass eine derartige
gemeinsame Arbeit mehrere zur Folge haben kann,
wodurch vielen Kreisen ein befriedigendes und
fruchtbringendes Arbeitsfeld eröffnet ist.

In alter Zeit, die wir uns im Kunsthandwerk
so gern als Vorbild nehmen, brauchte dergleichen
nicht anerzogen zu werden: unter den häuslichen
Kunstfertigkeiten trug die Stickerei viel zur Unter-
haltung und befriedigenden Thätigkeit des Lebens
bei, am allerwenigsten kam darin die Kirche zu
 
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