Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

DOI Artikel:
Paukert, Franz: Wandleuchter aus dem Merkantil-Amtsgebäude in Bozen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0062

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Aus dem Werke: Heiden, Motive (Leipzig, A. Seemann.)

WANDLEUCHTER
AUS DEM MERKANTIL-AMTSGEBÄUDE IN BOZEN,

1 MIT ABBILDUNGEN UND TAFELN.

ITLE1DI.G lächelnd sieht der
moderne Beleuchtungstech-
niker auch schon auf die
sein fachliches Interesse be-
rührenden Bestrebungen der
letzten Jahrzehnte zurück.
Steinöl, Leuchtgas und der-
gleichen Dinge sind für ihn
überwundene Schwierigkeiten und der Begriff Kerze
beschäftigt ihn nur noch da, wo es gilt, an die Leucht-
kraft einen Maßstab zu legen.

„Licht von 2 000 000 Normalkerzen Intensität
entstrahlt der Lampe des Leuchtturmes zu Houstliolm
in Jütland." So oder ähnlich, hinsichtlich der Ziffer
aber gewiss, klingt eine Nachricht, die jüngst ihre
Runde gemacht.

Dem entgegen war es zu unserer Vorfahren
Tage um Licht und Glanz freilich wohl etwas kläglich,
doch trotz flackernder Späne und dampfender Talg-
oder Ollichter bei weitem nicht so übel bestellt,
als man gemeiniglich annimmt. Findig wie heute,
wusste man sich auch damals im Bedarfsfalle zu
helfen. Wo eine Flamme nicht reichte, griff man
getrost zu der nächsten und vollends im XVIII. Jahr-
hundert, wo Thewarts Anleitung das Spiegelglas zu
gießen (1688) bereits das Ihre gethan, verfiel man
auf Mittel und Wege, in Fülle dem stetig zu-
nehmenden Verlangen nach mehr Licht ausreichend
Genüge zu thun.

Zu dieser Zeit, wo auch die Höfe bei ausge-
dehnter Benützung spiegelnder Flächen — Trunieaux,
Spiegelwände etc. —■ mit großartigem Luxus für den

Kunstgewerbeblatt. N. F. III.

Gebrauch der Kerzen eintraten und dieses Beispiel
allenthalben Nachahmung fand, gelangte naturgemäß
auch der Wandleuchter zu hervorragender Bedeutung.
Bis dahin seinem ursprünglichen Zwecke entsprechend
aufgefasst und behandelt war er fast lediglich Wand-
arm. Dem Zuge einer so glanzliebenden Zeit unter-
worfen erhielt er aus ganz naheliegenden Gründen
irgend eine Art von Reflektor beigesellt, den gefällig
auszugestalten künstlerische Sorgfalt alsbald der-
maßen eifrig bemüht war, dass sie der neuen Zuthat
mehr Liebe und Aufmerksamkeit angedeihen ließ
als dem Wandarm an sich, der endlich soviel Ver-
nachlässigung erfuhr, bis aus dem Wandleuchter
etwas wesentlich anderes geworden: ein Ding, das
zum mindesten mit gleicher Berechtigung und oft
sogar weit zutreffender als Spiegel angesprochen
werden kann.

Hier war es der Schnitzer, der dem „Wand-
leuchten" seine Gestaltungsfreude zuwandte, dort
griff treibend und ciselirend der Metallarbeiter ein
oder es einten sich beide zu gemeinsamem Thun.
Andernorts wieder bemächtigten sich andere Ge-
werbszweige — zumal die Glasindustrie dieses Vor-
wurfes für ihre künstlerische Bethätigung, so dass
es nicht wunder nehmen darf, wenn wir mitunter
wirklich prächtigen Arbeiten, mustergültigen Bei-
spielen ihrer Art des öfteren begegnen.

Auch Tirol, dem Forscher wie dem Sammler
als ergiebige Fundstätte in kunstgewerblicher Rich-
tung bekannt, ist noch reich an Wandleuchtern, vor-
nehmlich an solchen aus Holz. Unter den vor-
handenen Mustern aber sind unstreitig die in den
 
Annotationen