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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Pabst, Arthur: Die rheinische Glashütte zu Köln-Ehrenfeld
DOI Artikel:
Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Naturstudium oder Vertrocknung?
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0163

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NATURSTUDIUM ODER VERTROCKNUNG?

wachsen, was sich auch äußerlich darin ausspricht,
dass sie freie Wohnung haben. Vor allem aber ist
es die Persönlichkeit des Direktors, der das Ganze
zusammenhält und ihm die Richtung giebt. Die
Verehrung und Anhänglichkeit, die ihm vom ersten
Künstler bis zum Kohlenträger entgegengebracht
wird, sprach sich denn auch aus gelegentlich seines
25jährigen Jubiläums. Ganz spontan, ohne Anre-
gung hatten die Künstler, Werkmeister und Arbeiter
der Fabrik unter Ausschluss der Vervvaltungsbe-
amten sich zusammengethan, um in wahrhaft groß-
artiger Weise ihrer Verehrung und Dankbarkeit
gegen ihren Chef Ausdruck zu geben: in einer
prächtig ausgestatteten Adresse von Ludivig Mausz
in Köln Meisterhand und in kostbarem Einband
von Paul Adam in Düsseldorf haben sie denselben
mit beredten Worten Ausdruck gegeben. Ein glän-
zendes Festspiel, die Geschichte des Glases in vier
Bildern vorführend und die Haupterzeugnisse der
Fabrik gewissermaßen symbolisirend: Glashütte in
der Eifel, der Doge von Venedig in Murano und
der Große Kurfürst bei Kunkel, die Glaskunst un-

serer Tage, verkörpert in einem ihrer ersten Ver-
treter, dem Direktor Rauter, durchweg von Arbeitern
verfasst und dargestellt, zeigte, dass die künstle-
rische Schulung des Karnevals, die fast jeden Kölner
zu einen geborenen Mimen, Dichter oder Kompo-
nisten macht, auch die Ehrenfelder bereits er-
griffen hat.

So zogen im Bilde die Leistungen der Fabrik
vorüber, die heute in alle Welt gehen und Zeugnis
ablegen von deutscher Kunstfertigkeit, die hier als
eigenartig allen andern gegenüber erscheint. Leider
ist zu fürchten, dass diese blühende Industrie durch
die glorreichen Handelsverträge eine schwere Schä-
digung erleiden wird. Der Wettbewerb Österreichs,
das bei demselben alle möglichen Vorteile erlangt
hat, droht im In- und Ausland. Hoffen wir, dass
es gelingen wird, durch eingebende Darlegung an
maßgebender Stelle, wenigstens durch Aufhebung
der Arbeitsbeschränkungen während der Feiertage,
die am Rhein ein wahres Unglück sind, der
schwer bedrohten Industrie Erleichterung zu ver-
schaffen.

NATURSTUDIUM ODER VERTROCKNUNG?

VON H. E. v. BEBLEPSCH.

ICHT ganz zwanzig Jahre sind es her,
dass in Deutschland, speziell in Süd-
deutschland der künstlerischen Art
des Handwerkes ein höheres Interesse
zugewandt wurde, als dies während
der vorangegangenen Dezennien un-
seres Jahrhunderts der Fall gewesen ist. Das Leben
war durchschnittlich ein einfaches, im Vergleiche
zu dem in andern Ländern längst feststehenden Com-
ic» rt, ein beinahe ärmliches zu nennen. Man braucht
nur an die primitiven Wohnungseinrichtungen wohl-
habender Leute zu denken. Einem Bekannten von
mir, der aus dem französischen Feldzuge zurückge-
kehrt sich ein gemütliches Heim einrichten wollte,
ist es passirt, dass er bei Angabe der Bettdimen-
sionen (nach französischem Vorbilde) von dem
Schreinermeister kopfschüttelnd gefragt wurde, ob
er sich denn nicht irre, Bettladen von zwei Meter
Länge und 1.20 Meter Breite schaffe sich doch in
ganz München kein Mensch an, es sei denn etwa
irgend ein ganz „besonderer Sonderling". Das
Fehlen allen und jeden einfachen Comforts, dem

man auch heute im bürgerlichen Münchener Wohn-
hause noch nicht begegnet, (Badezimmer z. B. gilt
noch immer als ein Luxusartikel und verteuert die
Mieten um ein wesentliches, von anderen Bequem-
lichkeiten gar nicht zu reden) brachte gleicherweise
im übrigen Leben eine weitgehende Bedürfnislosig-
keit mit sich. Wenn auch da und dort vielleicht
ein Goldschmied sich mit künstlerischen Arbeiten
abgab, so war das eine ganz vereinzelte Erscheinung.
Mühchen empfing die ersten tliatsächlichen An-
regungen durch den Russen Swertschkoff.

Frankreich, in Dingen der „Arts et Metiers"
von jeher seitens des Staats, sowohl als des Publi-
kums gut bedacht, brauchte keine besonderen An-
strengungen zu machen, um auf diesem Gebiete das
Übergewicht zu behalten. Die ausgesprochene In-
teresselosigkeit der Behörden ebenso wie der „Ge-
sellschaft" in Deutschland sicherte der französischen
Produktion den Vorrang. Auch das energische Vor-
gehen in Osterreich fand vorerst keine Nachahmung
bei uns. Anstalten für kunstgewerblichen Unterricht
existirten zwar, aber ihre Wirksamkeit muss eine
 
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