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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Gerland, Otto: Eine Ofenlieferung aus dem XVI. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0075

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EINE OFENLIEFERUNG AUS DEM XVI. JAHRHUNDERT.

VON OTTO GERLAND.



ELEGENTLICH der Er-
bauung des Schlosses Wil-
helmsburg bei Schmalkal-
den gab der Bauherr Land-
graf Wilhelm IV. der Weise
von Hessen-Kassel dem mit
der Leitung des Baues be-
trauten Baumeister Christof
Müller die Beschaffung der Ende 1585 mit Rücksicht
auf die damaligen Fortschritte des Baues erforder-
lichen Ofen mittels folgenden Schreibens auf.

„Wilhelm pp. Lieber getrewer. Nach dem du
zuwissenn begerest, waß vor gattung von offen wir
gein Schmalkalden haben Avollen, als soltu vnß diß-
mals bestellen",

„Siebenn offenn jeden — 3 schu 2 zoll vnge-
fehr hoch — 3 schu l1^ zoll lang — 1 schu 10 zoll
fernenn breytt."

„Ibenn in saall vnd die Eßstuben drey offen soll
jeder lang sein — 2I;2 schu, hoch 4 schu breytt
2 Schue."

„Mehr vier kleine offen jder hoch 2 schuh
l'/2 zoll, lang — 2L/2 schu, — breytt 1 schu 10 zoll."
No. Zu disser gattung muß man das forderbrett
ettwas schmaler machenn, vnd laß in ein jden ein
besondere historienn gießenn, waß der meister darann
nit hatt, kan mann zu Heyna borgenn, dan wir, wie
du weist, daselbsthin vor etzlichenn jharenn allerley
muster von Colunen vnd anderenn schneiden lassenn,
die dann (daher)? vnser vnd nit ihr ? (ihnen) seindt",
„Alle offenn sollen ferner vnser wapen vnd nah-
men haben, laß die formenn von Hayna so baltt her-
rüberholenn, aber die drey große offenn bestelle zu
Heyna zu gießenn vnd das sie forderlich gegossenn
vnd gefertigtt werdenn",

„Daß thun wir vnß alß versehen. Datum Roden-
bergk am 24. Sbris Ao 85".

Wilhelm S. z. Hessenn. p.
Dies Schreiben zeigt uns aufs deutlichste, welche
Aufmerksamkeit Wilhelm auf die Herstellung schöner
Ofen legte, wie dies auch aus dem Aufsatz v. Drache
im 5. Jahrgang dieses Blattes, S. 22 ff. erhellt. Es
bestätigt auch die von L. Bickell in seiner Schrift
über die Eisenhütten des Klosters Haina-Marburg

1889 — ausgesprochenen Ansichten, dass man die
Modellplatten, welche der gewünschten Größe nicht
entsprechen, beliebig kleiner sägte, und dass die
Hainaischen Hütten, damals die besten Gießereien
in Hessen waren, weil der Landgraf dort die größ-
ten Ofen gegossen haben will und für diese Hütten
hat Formen anfertigen lassen. Ob aber eine dritte
Ansicht Bickells, dass man damals im Schmalkaldi-
schen Ofen noch nicht habe gießen können, aufrecht
zu erhalten ist, kann zweifelhaft erscheinen. Denn
da der Landgraf seinem Baumeister aufgiebt, die
Formen für die elf kleineren Öfen von Haina nach
Schmalkalden kommen zu lassen, so sollte doch ge-
wiss der Guss in Schmalkalden oder in dessen näch-
ster Umgebung vorgenommen werden. Ob dies nun
in einer der in oder bei Schmalkalden selbst ge-
legenen Hütten oder in einer von der Hütte der
Herrschaft Schmalkalden, etwa zu Brotterode, ge-
schah, lässt sich zur Zeit nicht beantworten. Es
sollen aus jener Zeit Ofenplatten mit der Angabe
von Brotterode als Gussort vorhanden sein, es ist
mir aber nie möglich gewesen, eine solche zu Gesicht
zu bekommen. Es wäre allerdings auch möglich,
dass die elf Ofen nicht direkt im Schmalkaldischen
aber doch in dessen unmittelbarster Nähe in Schweina
bei Bad Liebenstein gegossen sind, da das im Jahr
1612 über die Wilhelmsburg aufgenommene Inven-
tar bei Beschreibung der Hofstuben des großen
(Gesind-)Saals — erzählt, dass neun Stück zerbro-
chene eiserne Öfen zum Umguss dem Gießer zu
Schweina überliefert seien. Von Schmalkalden wur-
den übrigens, wie Bickell nachweist, die Hammer-
schmiede nach Haina verschrieben.

Von den erwähnten Öfen sind noch zwei er-
halten, einer von den drei großen im Speisesaal und
einer von der mittleren Sorte im Erdgeschoss des
Vorder-(West-)Flügels der Wilhelmsburg.

Später wurden noch weitere Öfen beschafft, von
denen ein großer mit Hainaischen Formen im Tanz-
saal und ein kleinerer im Fürstenstuhl der Schloss-
kapelle noch erhalten sind.

Einzelne der auf diesen Öfen enthaltenen Dar-
stellungen sind in der Bickellschen Schrift Tafel III,
IV und VI abgebildet.
 
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