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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Scherer, Christian: Bemerkungen über Modelleure der Fürstenberger Porzellanmanufaktur und ihre Modelle
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0040

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FURSTENBERGER PORZELLANMANUFAKTUR,

Berufe der Kunst huldigte; möglich auch, dass zeit-
weilige Arbeitsüberhäufung oder lebhafte Konkurrenz
die Modelleure an der Entfaltung einer selbständigen
Tätigkeit verhinderte und zwang, nach dieser leich-
teren und sicher auch einträglicheren Methode zu
arbeiten.

Man braucht nur einen Blick in das Arbeits-
und Formenbuch der Fürstenberger Manufaktur zu
werfen, um sofort zu erkennen, welch' ausgedehnten
Gebrauch die dort thätig gewesenen Modelleure von
diesem so überaus bequemen Verfahren gemacht
haben. Da begegnen uns, um noch einige weitere
Beispiele anzuführen,
„Kronenleichter" nach
Berliner Modell, die vier
Jahreszeiten „nach dem
Französischen" (also je-
denfalls nach Sevres-
modellen), die schon
oben genannten Figuren
eines sitzenden Cupido
und einer sitzenden Ve-
nus, gleichfalls nach Sev-
resmodellen und schließ-
lich ein Kruzifix mit
Postament sowie die Sta-
tuette einer Pallas, nach
einem sächsischen (also
Meißener) Modell kopirt.
Ferner findet sich bei
einer großen Anzahl an-
derer Werke, Gruppen
und Einzelfiguren, neben
dem Namen des Model-
leurs der Zusatz „cop.
oder copirt", doch ohne
nähere Angabe der Ma-
nufakturen , denen die
benutzten Vorbilder angehörten. Hier würde eine ein-
gehende Vergleichung des gesamten Materials ge-
wiss manch wichtiges Ergebnis zu Tage fördern
und interessante Einblicke in den künstlerischen Zu-
sammenhang der verschiedenen Fabriken gewähren.1)

Nicht ganz so häufig, wenigstens nicht immer
so sicher nachweisbar wie bei den Werken der Skulp-

Cupido. Fürstenberger Porzellan

1) So hat sich mir durch Vergleichung ergeben, dass
die im F. Arbeitsbuch erwähnte Gruppe eines Mönches, „der
eine Frau im Stroh trägt", auf ein Meißener Modell zurück-
geht; vermutlich sind auch mehrere von den Binzelflguren
des Fürstenberger Affenkonzertes nach dem berühmten
Meißener Affenkonzert aus der Zeit Augusts III. kopirt.

tur, scheinen die Fälle gewesen zu sein, in welchen Ge-
mälde oder vielmehr die leichter zugänglichen Kupfer-
stiche nach denselben von den Modelleuren als Vor-
lagen benutzt worden sind. Zumeist wird es sich
hier weniger um eine Nachbildung der ganzen Vor-
lage als vielmehr um die Entnahme einzelner Figuren
bezw. Gruppen gehandelt haben; oft dürften die
Stiche den Modelleuren auch nur die Anregung zu
ihren Schöpfungen gegeben haben. So arbeitete
man in Frankenthal, wie Zais a. a. 0. S. 94 mitteilt,
unter ausdrücklicher Berufung auf Callot, Boucher
und Greuze. Ganz besonders scheinen des letzteren

Malers tugendsame, aber
zugleich verführerische
Mädchenbilder, in wel-
chen er dem Geschmacke
seiner Zeit entsprechend
sinnliche Anmut mit
einem Schleier von Em-
pfindsamkeit und Un-
schuld so schön zu um-
geben verstand, den Mo-
delleuren der Porzellan-
fabrikenreichen Stoff für
ihre Werke dargeboten
zu haben; wenigstens
verraten Gruppen wie
u. a. die zu Höchst ge-
fertigten „Mädchen mit
Vogel und Hündchen"
und „Frauenzimmer mit
Käfig" sowie dasFürsten-
berger „Mädchen mit
Vogelnest" die größte
geistige Verwandtschaft
mit den Gemälden dieses
französischen Meisters,
so dass hier wie in vielen
anderen Fällen seine Beeinflussung kaum zweifelhaft
sein kann. Ahnliches darf vonFrancois Boucher gelten,
dessen Wirksamkeit für die Porzellanfabrik von Sevres
nicht minder bekannt geworden ist wie diejenige für
die Gobelinsmanufaktur zu Beauvais. Die erstere wird
zudem noch ausdrücklich durch die Angabe auf
Stichen nach seinen Werken bestätigt, dass die dar-
gestellten Figuren für Sevres erfunden seien. Eine
reiche Anregung zu den Figuren im Zeitkostüm, den
ländlichen Gruppen und Familienscenen sowie zu
den sog. Chinoiserien haben schließlich auch die
Schöpfungen Watteau's und seiner Nachahmer, Lan-
cret's, Paters, Eisen's u. a. gegeben, deren Spuren
 
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