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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Buss, Georg: Der Ehrenbürgerbrief der Stadt Berlin für Rudolf Virchow
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0050

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DER EHRENBÜRGERBRIEF DER STADT BERLIN FÜR RUDOLF VIRCHOW.

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Golde aufweist. An den Abfasungen sind sämtliche
Knöpfe noch mit goldenen Blättchen tauschirt.

Wie die Vorderseite des Deckels ist auch die
Rückseite behandelt, nur mit dem Unterschiede,
dass die Vergoldung des füllenden Ornaments zwi-
schen dem Bandwerke weggefallen und der Silberton
beibehalten ist.

Eine Fülle von Arbeit steckt in diesen Be-
schlägen, zumal ihre Ausführung in Platten von
einem Millimeter Stärke mit größter Sorgfalt ge-
schehen ist. In den feinen, oft unmerklichen Hebun-
gen und Senkungen des Blattwerkes, wie überhaupt
in der charakteristischen Ausprägung der Formen
hat Lind sein Können in erfreulichster Art bewährt.
Diese liebevolle Durchführung, welche das Einzelne
gefunden, hat denn auch zu der schönen und
vollkommenen Wirkung des Ganzen beigetragen.
Eine feine Harmonie und eine prächtige Solidität
äußern sich in dem ganzen Kunstwerk. Der milde,
gedämpfte Glanz des Altgoldes und der graue
Silberton im Beschläge wirken unter sich und ebenso
in ihrer Verbindung mit dem matten, tiefen Rot
des Leders ausgezeichnet.

Es gewährt einen rechten Genuss, sich in eine
Arbeit zu vertiefen, welche, wie in diesem Falle,
mit feinem Gefühl und mit sorgsamem Fleiß unter
Anwendung edler technischer Verfahrungsweisen ge-
liefert worden ist. Bilden doch in der Zeit der Massen-
produktion solche Werke, in welcher die Individualität
und die Feinfühligkeit der menschlichen Hand zu
gewinnender Äußerung gelangen, erquickende Oasen,
die zu unserem Tröste erkennen lassen, dass wenn es
gilt, das Höchste und Beste zu leisten, die Maschine
zurücktreten muss. Und dementsprechend ist der
Wunsch berechtigt, dass sich ähnliche Aufträge,
welche die Bethätigung echten und rechten künst-
lerischen Geistes und kunsthandwerklichen Könnens
ermöglichen, in immer wachsender Fülle darbieten
möchten, denn nur der Beschäftigung mit ihnen
entquillt jene belebende Kraft, welche zu frohem
Weiterstreben anspornt, und welche sich zugleich
erweist als ein wirksames Gegenmittel gegen eine
bedauerliche Verflachung, wie sie unter dem ein-
seitigen Einflüsse der mehr oder weniger schablo-
nenhaft schaffenden modernen Industrie notwendiger-
weise entstehen muss. GEORG BUSS.

Wandschränkchen im Kunstgewerbemuseum zu Berlin.
 
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