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DER KUNSTGEWERBLICHE GESCHMACK IN ENGLAND.
allem einfache, ruhige Flächen. Dagegen wird der
reichere Sehmuck thunlichst konzentrirt an einzelnen
lauschigen Plätzen, welche der geschickte Baumeister
mannigfaltig zu gestalten weiß.
Zunächst in den Erkern und um die Fenster.
Da die Wohnung sich ja nicht nach der Fensterzahl
bewertet, wie z. B. in Berlin, so sucht der Eng-
länder nicht viele, sondern möglichst wenige, große
Fenster, einheitliche Lichtquellen; er fasst wohl auch
mehrere zusammen, am liebsten als Erker ausgebaut;
geöffnet, wird mit Holz, Stein oder Fliesen einfacher
oder reicher umkleidet, am häufigsten mit stattlicher
Renaissancearchitektur, oder auch mit gotisirendem
Tafelwerk; fast immer wird der Aufsatz über dem
Kamin mit dem Mantel vereinigt, bisweilen als Ein-
fassung eines Gemäldes, meist aber als reich geglie-
derter Aufbau mit vielen kleinen Fächern, die mit
farbigen Tellern und Gefäßen besetzt werden. Hier
konzentrirt man gerne den Besitz an altem oder fremd-
artigem Geschirr, den keramischen Hausschatz, statt
Wohnzimmer (Architekt Norman Shaw).
solche „bay Windows" können dann mit Tisch und
Sitzen zu behaglichen Winkein ausgestattet werden.
Die vierteiligen Fenster, oft mit bunten Scheiben
durchsetzt, geben ein mildes Licht. Dagegen ver-
meidet man reich drapirte Gardinen; man will glatte
Vorhänge mit geraden Kappen, keine „Putzmacher-
arbeit".
Wichtiger ist der Kamin. Bekanntlich kennt
der Engländer keine Öfen. Der Kamin ist daher,
so lange geheizt wird, der Mittelpunkt des Zimmers;
das bleibt er auch im Sommer. Demgemäß ist der
Kamin auch der Mittelpunkt und das Hauptstück
der Dekoration, ähnlich wie in unserm Wohnzimmer
pft das große Sofa. Der Mantel, stets rechteckig
ihn wie bei uns über die Wände hin zu zersplittern.
Oft liegen die Kamine an der Außenwand des Hauses;
dann kann der Architekt sie leicht hinausschieben
und den Kamin nischenartig einbauen, so dass ein
trauter, warmer Raum entsteht; solchen „ingle-
nook" zeigt unsere Tafel (Weybridge, Byfieetlodge;
Architekten Notley und Trollope)-
Soviel von den Hauptzügen der heutigen eng-
lischen Wohnung. Es würde hier zu weit führen,
das Besondere der einzelnen Räume herauszuheben,
worüber bei Eastlake und in anderen Handbüchern
mancher auch für uns nutzbare Hinweis sich findet.
Das Eigentümliche ist die Hall, der weite Flur, der
auch als Vorzimmer und Versammlungsraum dient
DER KUNSTGEWERBLICHE GESCHMACK IN ENGLAND.
allem einfache, ruhige Flächen. Dagegen wird der
reichere Sehmuck thunlichst konzentrirt an einzelnen
lauschigen Plätzen, welche der geschickte Baumeister
mannigfaltig zu gestalten weiß.
Zunächst in den Erkern und um die Fenster.
Da die Wohnung sich ja nicht nach der Fensterzahl
bewertet, wie z. B. in Berlin, so sucht der Eng-
länder nicht viele, sondern möglichst wenige, große
Fenster, einheitliche Lichtquellen; er fasst wohl auch
mehrere zusammen, am liebsten als Erker ausgebaut;
geöffnet, wird mit Holz, Stein oder Fliesen einfacher
oder reicher umkleidet, am häufigsten mit stattlicher
Renaissancearchitektur, oder auch mit gotisirendem
Tafelwerk; fast immer wird der Aufsatz über dem
Kamin mit dem Mantel vereinigt, bisweilen als Ein-
fassung eines Gemäldes, meist aber als reich geglie-
derter Aufbau mit vielen kleinen Fächern, die mit
farbigen Tellern und Gefäßen besetzt werden. Hier
konzentrirt man gerne den Besitz an altem oder fremd-
artigem Geschirr, den keramischen Hausschatz, statt
Wohnzimmer (Architekt Norman Shaw).
solche „bay Windows" können dann mit Tisch und
Sitzen zu behaglichen Winkein ausgestattet werden.
Die vierteiligen Fenster, oft mit bunten Scheiben
durchsetzt, geben ein mildes Licht. Dagegen ver-
meidet man reich drapirte Gardinen; man will glatte
Vorhänge mit geraden Kappen, keine „Putzmacher-
arbeit".
Wichtiger ist der Kamin. Bekanntlich kennt
der Engländer keine Öfen. Der Kamin ist daher,
so lange geheizt wird, der Mittelpunkt des Zimmers;
das bleibt er auch im Sommer. Demgemäß ist der
Kamin auch der Mittelpunkt und das Hauptstück
der Dekoration, ähnlich wie in unserm Wohnzimmer
pft das große Sofa. Der Mantel, stets rechteckig
ihn wie bei uns über die Wände hin zu zersplittern.
Oft liegen die Kamine an der Außenwand des Hauses;
dann kann der Architekt sie leicht hinausschieben
und den Kamin nischenartig einbauen, so dass ein
trauter, warmer Raum entsteht; solchen „ingle-
nook" zeigt unsere Tafel (Weybridge, Byfieetlodge;
Architekten Notley und Trollope)-
Soviel von den Hauptzügen der heutigen eng-
lischen Wohnung. Es würde hier zu weit führen,
das Besondere der einzelnen Räume herauszuheben,
worüber bei Eastlake und in anderen Handbüchern
mancher auch für uns nutzbare Hinweis sich findet.
Das Eigentümliche ist die Hall, der weite Flur, der
auch als Vorzimmer und Versammlungsraum dient