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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Heiden, Max: Moderne Kirchenstoffe und Stickereien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0142

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MODERNE KIRCHENSTOFFE UND STICKEREIEN.

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kurz. Deshalb wird sich auch der Wirkungskreis un-
serer Paramentenvereine von selber erweitern, sie
können schließlich den Ausgangspunkt bilden für
besseres Verständnis und bessere Übung der Kunst-
stickerei.

Aber auch die Stickerei muss an künstlerischem
Reiz verlieren, sobald sie an bevorzugter Stelle als
Schmuck gleicher Gegenstände gleichartig in Stil
und Ausführung in Erscheinung tritt. Kommt zu
alledem noch die Verwendung der gleichen Motive,

Von diesen Gesichtspunkten aus wirkten die
sonst so erfreulichen Arbeiten der evangelischen
Paramentenvereine auf der Berliner Ausstellung
ungünstig. Man denke sich aus 18 Kirchen etwa 60
Ausstattungen: Altarbehänge, Kanzelpultdecken und
dergl., für die verschiedenen Zeiten des Kirchen-
jahres auf Weiß, Rot, Grün, Violett oder Schwarz
gestickt und alle gleichartig im Charakter.

Sind diese Gegenstände in die einzelnen Kirchen
verteilt, so kommt natürlich jedes Stück für sich

Fig. 3. Antependium von M. E. Beck in Herrnhut.

so wird man unserer modernen Zeit einen Vorwurf
in Bezug auf Entwertung der Handarbeit und auch
den unbegründeten der Formenarmut nicht ersparen
können. Von allzu großer Vielseitigkeit kann hier
freilich nicht die Rede sein, weil Form und Far-
bengebung bei der Kirchenausstattung an litur-
gische Gesetze gebunden sind. Trotz dieser Be-
schränkung braucht die Handarbeit im Dienste der
Kirche nicht ihre ganze Freiheit aufzugeben: die
Stickerei darf dabei vor allem nicht ihr ganzes
Können auf eine einzige Verzierungsart konzentriren.

zur Geltung, auch wenn keines von den anderen
verschieden ist; doch als Ausstellungsgruppe vorge-
führt, erweckt ihre Einheitlickeit im künstlerischen
Sinne Bedenken. Ein Vorwurf ist keinem der Be-
teiligten daraus zu machen.

Die erste Thätigkeit der evangelischen Kirchen-
werkstätten fällt noch in jene Zeit, welche Geist und
Auge für Bedeutung und Bedürfnis der gesamten
Kunstindustrie wenig geübt hatte. Am ärgsten sah
es auf dem Gebiete der textilen Kunst, in Weberei
und Stickerei aus. In kirchlicher Beziehung hat zu-
 
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