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DAS BISMARCKMÜSEUM IN SCHOENHAUSEN.
bonische Lilienwappen, halb ausgefeilt das darüber
geschriebene liberte, fraternite, egalite, darüber breit
hingelagert das N mit Krone und Lorbeer.
Dann verlassen wir den Hof, um uns dem eigent-
lichen Ziele des heutigen Tages dem Bismarckmu-
seum zuzuwenden.
Der große Bismarcksche Besitz war bekanntlich
im Laufe der Zeiten zur Hälfte in fremde Hände
übergegangen. Am 1. April 1885 aber, dem 70. Ge-
burtstage des Fürsten brachte das deutsche Volk
diese bisher getrennte Gutshälfte dem Reichskanzler
als Ehrengabe dar. Das hierzu gehörige früher
„Gärtnersche" sogenannte neue Schloss ist ein ein-
facher aber vornehm wirkender, aus dem Anfange
des vorigen Jahrhunderts herrührender Bau, dessen
etwas vorspringendes Mittelstück mit bescheidenen
Rokokostuckornamenten geschmückt ist und über
dem Eingang das Familienwappen in Sandstein
zeigt. Das Schloss wird von einem einfachen
freundlichen Park und Garten umgeben, wendet
seine Front der Hauptstraße zu und wird von der-
selben durch einige prächtige Linden getrennt.
In diesem Gebäude ist das Bismarckmuseum
eingerichtet, eine sich fast täglich noch vermehrende
Sammlung aller der kostbaren, geschichtlich und
künstlerisch merkwürdigen Geschenke und Wid-
mungen aller Art, welche in so unerhörter Fülle
dem gewaltigen Staatsmann von seinen zahlreichen
Verehrern dargebracht worden sind. Es ist natur-
gemäß noch kein abgeschlossenes Ganze, da viele
kostbare Stücke sich noch in der Umgebung des
Fürsten selbst befinden, aber es tritt uns doch schon
ein überwältigender Reichtum der interessantesten
Gegenstände entgegen, und es ist leicht begreiflich,
dass das erst seit kurzem aufgelegte Fremdenbuch
schon viele Tausende von Namen aufzuweisen hat.
Man tritt zunächst in einen hellen Flur, in
welchem eine französische Mitrailleuse steht, und
begiebt sich von dort durch ein hölzernes Treppen-
haus in den Vorsaal, welcher eine von Eugen Wolf
in Zanzibar gewidmete ethnographische Sammlung
von Waffen, Bekleidungsgeräten, Musikinstrumenten
des Wadschagga-Stammes und anderer Völkerschaften
Ostafrikas enthält. Außerdem ziehen die Studenten-
reliquien des Fürsten und eine Reihe kostbar ge-
schnitzter Wein- und Bierfässer das Auge auf sich,
welche mit edlem Stoff gefüllt von hervorragenden
Weinbauern, Brauereien gestiftet worden sind und
die den Beweis liefern, dass auch das plumpe Rund
des Fasses künstlerisch behandelt zu einer ent-
sprechenden Wirkung gebracht werden kann. Er-
habene bunte Schnitzereien, kräftige Sprüche auf
zierlichen Spruchbändern „In trinitate robur", oder
„Trinke Kraft zu kühnem Kämpfen" wechseln mit-
einander ab. Noch ein Blick auf die an den Wänden
hängenden mächtigen amerikanischen Jagdtrophäen,
dann treten wir durch die mit dem trefflich ausge-
führten Bismarckschen Wappen geschmückte Thür
in das eigentliche Museum ein.
In dem ersten und vornehmsten Gemach lassen
wir uns auf dem mit olivenfarbigem Plüsch über-
zogenen, mit dem eingewebten fürstlichen Wappen
geschmückten Rundsessel, einem Meisterwerk der
Elberfelder HautelisseWeberei nieder, überragt von
der Heinzeschen Kolossalbüste Kaiser Wilhelms I.
und überblicken die Geschenke, welche von regierenden
Fürsten dargebracht worden sind, lauter lebensgroße
Gemälde von Potentaten. Entschieden das beste
ist das treffliche Bild des schnauzbärtigen Königs
Humbert von Italien mit den energischen Zügen, in
breiter Technik gemalt, (leider ist der Name des
Künstlers nicht angegeben), in der großen Generals-
uniform. Das Bild wurde dem Fürsten verehrt, als
Kaiser Wilhelm IL 1889 seinen ersten Besuch in
Italien machte. Gleichwertig ist das gelegentlich
der Dreikaiserzusammenkunft in Skierniewice 1884
geschenkte charakteristische Bild des Kaisers Franz
Joseph I. von Österreich und ebenfalls gut das Bild
Kaiser Alexander III. von Russland. Mit Interesse
erblicken wir die Kaiserproklamation in Versailles
am 18. Jan. 1871 von A. v. Werner, welches von den
Mitgliedern des preußischen Königshauses zum 70.
Geburtstag geschenkt worden ist. Das Bild wirkt
in dem kleinen Format unruhig in der Farbengebung.
Der Rahmen, durchflochten von Wappen und Namen
ist ein kunstgewerbliches Kleinod.
Ein sehr mäßiges Bild unsers jetzigen Kaisers
ist das Abschiedsgeschenk desselben bei der Ent-
lassung des Fürsten aus dem Staatsdienst, von ganz
anderer Wirkung der alte Kaiser Wilhelm I. im
Krönungsornat, von Bülow. Beim Schluss des
Friedenskongresses in Berlin am 13. Juli 1878 wurde
dies imposante Bild, dessen im Rahmen befindliche
Schilder auf die Friedensschlüsse zu Wien, Nikols-
burg und Versailles hinweisen, dem Fürsten als
Zeichen besondrer Anerkennung verliehen.
Die treffliche große Marmorbüste des Prinz-
Regenten Luitpold von Bayern im Hubertuskleid
von Rümann und des Kaisers von Osterreich, ferner
ein Porträt der Königin von England, letzteres sehr
verjüngt und idealisirt, fesseln die Aufmerksamkeit,
ganz besonders aber ein prächtiger silberner Ehren-
DAS BISMARCKMÜSEUM IN SCHOENHAUSEN.
bonische Lilienwappen, halb ausgefeilt das darüber
geschriebene liberte, fraternite, egalite, darüber breit
hingelagert das N mit Krone und Lorbeer.
Dann verlassen wir den Hof, um uns dem eigent-
lichen Ziele des heutigen Tages dem Bismarckmu-
seum zuzuwenden.
Der große Bismarcksche Besitz war bekanntlich
im Laufe der Zeiten zur Hälfte in fremde Hände
übergegangen. Am 1. April 1885 aber, dem 70. Ge-
burtstage des Fürsten brachte das deutsche Volk
diese bisher getrennte Gutshälfte dem Reichskanzler
als Ehrengabe dar. Das hierzu gehörige früher
„Gärtnersche" sogenannte neue Schloss ist ein ein-
facher aber vornehm wirkender, aus dem Anfange
des vorigen Jahrhunderts herrührender Bau, dessen
etwas vorspringendes Mittelstück mit bescheidenen
Rokokostuckornamenten geschmückt ist und über
dem Eingang das Familienwappen in Sandstein
zeigt. Das Schloss wird von einem einfachen
freundlichen Park und Garten umgeben, wendet
seine Front der Hauptstraße zu und wird von der-
selben durch einige prächtige Linden getrennt.
In diesem Gebäude ist das Bismarckmuseum
eingerichtet, eine sich fast täglich noch vermehrende
Sammlung aller der kostbaren, geschichtlich und
künstlerisch merkwürdigen Geschenke und Wid-
mungen aller Art, welche in so unerhörter Fülle
dem gewaltigen Staatsmann von seinen zahlreichen
Verehrern dargebracht worden sind. Es ist natur-
gemäß noch kein abgeschlossenes Ganze, da viele
kostbare Stücke sich noch in der Umgebung des
Fürsten selbst befinden, aber es tritt uns doch schon
ein überwältigender Reichtum der interessantesten
Gegenstände entgegen, und es ist leicht begreiflich,
dass das erst seit kurzem aufgelegte Fremdenbuch
schon viele Tausende von Namen aufzuweisen hat.
Man tritt zunächst in einen hellen Flur, in
welchem eine französische Mitrailleuse steht, und
begiebt sich von dort durch ein hölzernes Treppen-
haus in den Vorsaal, welcher eine von Eugen Wolf
in Zanzibar gewidmete ethnographische Sammlung
von Waffen, Bekleidungsgeräten, Musikinstrumenten
des Wadschagga-Stammes und anderer Völkerschaften
Ostafrikas enthält. Außerdem ziehen die Studenten-
reliquien des Fürsten und eine Reihe kostbar ge-
schnitzter Wein- und Bierfässer das Auge auf sich,
welche mit edlem Stoff gefüllt von hervorragenden
Weinbauern, Brauereien gestiftet worden sind und
die den Beweis liefern, dass auch das plumpe Rund
des Fasses künstlerisch behandelt zu einer ent-
sprechenden Wirkung gebracht werden kann. Er-
habene bunte Schnitzereien, kräftige Sprüche auf
zierlichen Spruchbändern „In trinitate robur", oder
„Trinke Kraft zu kühnem Kämpfen" wechseln mit-
einander ab. Noch ein Blick auf die an den Wänden
hängenden mächtigen amerikanischen Jagdtrophäen,
dann treten wir durch die mit dem trefflich ausge-
führten Bismarckschen Wappen geschmückte Thür
in das eigentliche Museum ein.
In dem ersten und vornehmsten Gemach lassen
wir uns auf dem mit olivenfarbigem Plüsch über-
zogenen, mit dem eingewebten fürstlichen Wappen
geschmückten Rundsessel, einem Meisterwerk der
Elberfelder HautelisseWeberei nieder, überragt von
der Heinzeschen Kolossalbüste Kaiser Wilhelms I.
und überblicken die Geschenke, welche von regierenden
Fürsten dargebracht worden sind, lauter lebensgroße
Gemälde von Potentaten. Entschieden das beste
ist das treffliche Bild des schnauzbärtigen Königs
Humbert von Italien mit den energischen Zügen, in
breiter Technik gemalt, (leider ist der Name des
Künstlers nicht angegeben), in der großen Generals-
uniform. Das Bild wurde dem Fürsten verehrt, als
Kaiser Wilhelm IL 1889 seinen ersten Besuch in
Italien machte. Gleichwertig ist das gelegentlich
der Dreikaiserzusammenkunft in Skierniewice 1884
geschenkte charakteristische Bild des Kaisers Franz
Joseph I. von Österreich und ebenfalls gut das Bild
Kaiser Alexander III. von Russland. Mit Interesse
erblicken wir die Kaiserproklamation in Versailles
am 18. Jan. 1871 von A. v. Werner, welches von den
Mitgliedern des preußischen Königshauses zum 70.
Geburtstag geschenkt worden ist. Das Bild wirkt
in dem kleinen Format unruhig in der Farbengebung.
Der Rahmen, durchflochten von Wappen und Namen
ist ein kunstgewerbliches Kleinod.
Ein sehr mäßiges Bild unsers jetzigen Kaisers
ist das Abschiedsgeschenk desselben bei der Ent-
lassung des Fürsten aus dem Staatsdienst, von ganz
anderer Wirkung der alte Kaiser Wilhelm I. im
Krönungsornat, von Bülow. Beim Schluss des
Friedenskongresses in Berlin am 13. Juli 1878 wurde
dies imposante Bild, dessen im Rahmen befindliche
Schilder auf die Friedensschlüsse zu Wien, Nikols-
burg und Versailles hinweisen, dem Fürsten als
Zeichen besondrer Anerkennung verliehen.
Die treffliche große Marmorbüste des Prinz-
Regenten Luitpold von Bayern im Hubertuskleid
von Rümann und des Kaisers von Osterreich, ferner
ein Porträt der Königin von England, letzteres sehr
verjüngt und idealisirt, fesseln die Aufmerksamkeit,
ganz besonders aber ein prächtiger silberner Ehren-