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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Deutsch, Otto Erich: Rudolf von Alt: zum hundertsten Geburtstage des Meisters
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0020

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RUDOLF

scheidenen Aufträge für Interieurs, deren er
später ein paar Hundert schuf, als „Stuben-
maler", wie er es nannte. Mit seinem Vater
machte er bald auch die ersten Malerreisen,
zunächst natürlich in den österreichischen Erb-
ländern, aber auch nach Italien, das ja damals
den Österreicher zum Teil recht heimatlich
anmutete. Auch Süddeutschland wird früh
entdeckt, nur der Norden und die Schweiz
bleiben ihm trotz gelegentlicher Abstecher wesens-
fremd. Gar nach Berlin, Paris, London hat
sich Rudolf Alt, der so gern und andächtig
reiste, nie verstiegen, war auch nur schwer und
selten zu bewegen, ein Bild auf eine Welt-
ausstellung zu schicken. So blieb er zeitlebens
eine lokale Berühmtheit, und er bleibt es noch
lange nach seinem Tode. Keines Sedelmayers
Gunst lachte seinem Preistarif, der sich so um
35 fl. herum bewegte und nur selten auf einen
Hunderter emporschnellte.

Zuerst sah Alt natürlich, wie etwa das ver-
blendete Miniaturgenie Füger, alles Heil in der

porträt der ersten frau des künstlers als brau

rudo

VON ALT

Ölfarbe, in der er doch immer etwas kalt und
hart blieb, wenn sie ihm auch eine gute Schule
im Malerischen war. Auch im Radieren und
Lithographieren hat er das Dutzend anderer
Künstler nicht weit überholt, die ihn selber
reproduzierten. 1830 stellte er zum ersten Male
bei St. Anna aus, schuf die erste Ansicht von
seinem treu geliebten Wien, dessen er nie satt
wurde, und malte das erste Porträt, natürlich
in Wasserfarben, zu denen er sich allmählich
als der allein seligmachenden Technik mit wenigen
Rückfällen bekehrte. Das Bildnismalen, das er
den meisten Süßholzrasplern seiner Zeit voraus-
tat, gab er übrigens bald auf, wie er sagte, um
dem berühmten Wiener Porträt-Lithographen
Josef Kriehuber „nicht ins G'häu" zu kommen.
Es muß Ordnung sein in der Welt: der eine
machte seine 5000 Bildnisse auf Stein, der
andere seine 2000 Aquarell-Ansichten. Kleine
Extratouren im Freundschaftskreis waren natür-
lich erlaubt, und diese Liebhabereien konnten
sich dann wohl sehen lassen... Noch 1831 hat
Rudolf Alt — vor seiner ersten
Frau — seine erste und lebens-
längliche Geliebte gefunden: die
Stephanskirche, mit ihrem klassisch-
gotischen Wunderturm, recht wie
ein Frauenzimmer von zartesten
Spitzen und feinstem Filigran
garniert, die er fast 100 Mal ge-
malt hat; in jeder Verfassung,
Stimmung, Laune.

Nur selten hat Alt sich in das
Reich der reinen Phantasie be-
geben: eine ideale Landschaft
zeugt davon. Und auch als die
Photographie erfunden war, brachte
er es nie übers Herz, sich ihrer
zu bedienen; nur notgedrungen
mußte er ein paar Exotika nach
Lichtbildern malen. Im übrigen
war der andächtige Naturanbeter
erbitterter Realist, nur ein wenig
heiterer, gemütvoller als sein großer
Kollege in Berlin. Diese beiden
im Können so verwandten Anti-
poden der nord- und süddeutschen
Hemisphären, Menzel und Alt,
hatten nicht nur eine ähnliche
Entwickelung, Zeit und Alter ge-
mein, sondern ein paar merkwür-
dige Berührungspunkte in den
Gegenständen ihrer Kunst selbst:
Gastein, Kissingen, Verona. Im
August 1897 haben die beiden
„Allesmaler" bei einem Sacher-
bankett zu Ehren Menzels Brüder-
.f von alt schaft getrunken . . .

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