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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Der Künstler und das Kunstwerk: eine Umfrage
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Miessner, Wilhelm: Die Bürgerwohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0104

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DER KÜNSTLER UND DAS KUNSTWERK

gebnissen eine Art Rangordnung von Kunst-
werken aufzustellen. Es braucht wohl nicht
erst besonders betont zu werden, daß auch nicht
der geringste Gedanke an ein solches, künstlerisch
unmögliches Unterfangen vorlag. Es handelte
sich nur darum, die verschiedenen, stärksten
subjektiven Eindrücke zu erfahren, welche Künstler
von Kunstwerken empfangen, wobei eine Wert-
bemessung der letzteren völlig gleichgültig war.
Und die erfreulichen Resultate dieser Frage
haben ja denn auch deren Berechtigung zur
Genüge erwiesen. Die Schriftleitung.

IE BÜRGERWOHNUNG. VON
DR. WILHELM MIESSNER.

Schneller als man glaubte, hat sich das
deutsche Publikum den Reformgedanken einer
Wohnungskunst zu eigen gemacht, die mit all
den einstigen Maschinenprofilierungen jener
Schränke, Tische und Stühle aufräumte, da-
zwischen unsere Onkel und Tanten noch bis
zu ihrem Lebensende zu wohnen verdammt sind.

Es ist genau so, daß im besten Falle unsere
Eltern noch von den guten alten Möbeln der
fünfziger Jahre profitieren konnten. Schon ihre
jüngsten Geschwister erlebten den schlimmsten
Niedergang der deutschen Handwerkskunst, den
Deutschland wohl je gesehen hat, wenn man
von dem dritten Rokoko absieht, das mit der
Rückkehr der Bourbonen nach Frankreich auch
unser verarmtes Vaterland heimsuchte. Der
letzte Niedergang war im Gegenteil die Folge
unserer französischen Siege und man kann daran
sehen, daß Siege und Niederlagen ethisch sehr
verwandte Erscheinungen nach sich zu ziehen
vermögen.

Es ist so viel über den Unfug der gedrehten
Stuhlbeine, der Muschelaufsätze und der Säulen-
buffets geschrieben worden, daß ich es mir
versagen kann, sie noch einmal totzuschlagen.
Aber wichtiger noch als die neuen ruhigen und
glatten Flächen und in reinen Proportionen ge-
haltenen Formen ist das Formgefühl der Men-
schen, die darin wohnen. Man kann unmöglich
zwanzig, dreißig kleine unmotivierte Windungen,
zwischen denen man lebt, behalten oder gar

SCHLAFZIMMER

Entwurf: KARL RICH. HENKER

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