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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Arthur Schlubeck
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0403

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ARTHUR SCHLUBECK. Ausdruckskraft der Tracht für seelische Zustände

einen Zuwachs an reinem Bildnisgehalt, und
Die Maler der „Gesellschaft" haben in von den sinnlichen Reizen der Kleidung, die
der Kunst häufig einen schweren Stand- in ihren koloristischen und stofflichen Quali-
punkt. Sie geraten immer leicht in Gefahr, von täten beruhen, eine Kräftigung der Bildwirkung,
den hohen und höchsten Herrschaften, die von Der Maler wägt die Seelenwerte gegen die
ihnen porträtiert werden möchten, auf einen Farbenwerte ab und sieht eine vierfache Mög-
Weg des künstlerischen Kompromisses zu ge- lichkeit, sich mit der Kleidung des Modells
raten, weil die Repräsentanten der Gesellschaft auseinanderzusetzen."

gern und leicht die Welt des schönen Scheines Diese vierfache Möglichkeit ist nach Waetzoldt
auch auf dem Bilde gewahrt sehen möchten, die, daß der Porträtist entweder die Kleidung
Während der Künstler, dem es ernst ist um ganz ignoriert oder ein völliges „Kostümbild"
das, was er schafft, doch seiner Überzeugung gibt oder eine Phantasietracht wählt (schon
d. h. seiner eigenen künstlerischen Wahrheit Leonardo riet, die Trachten der Zeit nach Mög-
zu dienen hat. lichkeit zu vermeiden) oder endlich die Kleidung

Manche beliebte Porträtisten in der Gegen- dem Gesicht unterordnet,
wart, namentlich in Berlin, haben es mit dieser Den ersten Weg wählte bekanntlich Lenbach;
Wahrheit nicht allzu genau genommen und er ignorierte die Kleidung überhaupt. Er er-
lieber vor der fehlenden Einsicht ihrer Auftrag- zog seine „Malobjekte" dazu, die Bemeisterung
geber die Segel gestrichen. Zwei Namen, ein des Kopfes als das Wesentlichste anzuerkennen,
männlicher und ein weiblicher, die aber hier und man erinnert sich des Besuches einer vor-
weiter nichts zur Sache tun, sind besonders nehmen Dame in seinem Atelier, die sich er-
charakteristisch für diese Art von Porträtmalerei staunt über das Fehlen aller Bekleidungsstücke
— charakteristisch auch des-
halb, weil sie mit zu den Ge-
suchtesten gehören. Und dies
eben infolge ihrer leicht an-
genommenen Bereitwilligkeit,
ihren Pinsel als alleinselig-
machendes Verschönerungs-
mittel zu gebrauchen. Dem
Laien kann man nicht immer
so viel Selbstkritik oder auch
objektive Kritik zumuten, daß
er selbst auf einem nur
wahren, nicht irgendwie ge-
fälschten, „interessant gemach-
ten" Bildnis dem Maler gegen-
über bestehen sollte — allein
der Künstler sollte immer sei-
nen größten und besten Stolz
darein setzen, nur um der
Sache, nicht um ihres Scheines
willen zu schaffen, und dahin
auch seinen Auftraggeber zu
beeinflussen suchen.

In seinem wertvollen Buche
„Die Kunst des Porträts" sagt
Wilhelm Waetzoldt (der Nach-
folger Goldschmidts in Halle):
„Das Modell hat den mensch-
lich verständlichen Wunsch,
möglichst „vorteilhaft" darge-
stellt zu werden und ist meist
der irrigen Ansicht, daß ein
schönes Kleid zur Schönheit
des Porträts beiträgt. Der
Betrachter erwartet von der bildnis des grafen cuno hahn arthur schlubeck-grunewald

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