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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Kuhn, Franz: Heidelberger Landhäuser
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0297

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EIDELBERGER LANDHÄUSER
VON FRANZ KUHN.

Ein Landhaus im waldgrünen Neckartal,
zu Füßen des alten Schlosses, im Angesicht der
grauen Brückentürme über dem vielbesungenen
Flusse oder am Hang des Philosophenweges —
das war schon zu Zeiten der Romantiker, die
in Heidelbergs Gassen schwärmten, dichteten und
sanken, eines der umworbensten Ideale. Damals
schon luvten aus dem dichten Grün der Wald-
berge oder von den sprossenden Weinhängen
kleine Landhäuser ins Tal, jedes eine Idylle,
wie vor der Welt geborgen und doch von dem
geistigen Hauche, der immer von dieser Stadt
ausging, wundersam berührt.

Seitdem hat sich auch Heidelbergs Weichbild
im engen Tal des Neckar hinauf und hinunter
erweitert, und von diesen Hügelsäumen, wie ge-
schaffen zu einem unendlichen Kranz traulicher
Besiedelungen, winken jetzt Villen und Land-
häuser ohne Zahl. Wer am rechten Ufer des
Flusses nach dem alten Burgennest Neckar-
steinach oder auf dem andern nach Schlierbach
und Neckargemünd zu wandert, sieht ein behag-

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liches Eigenhaus neben dem andern und fühlt

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GRUNDRISS DES SOMMERHAUSES DR. VOIGTLÄNDER-
TETZNER IN HEIDELBERG-SCHLIERBACH. Erdgeschoß
ARCHITEKT FRANZ KUHN-HEIDELBERG

wohl das Glück nach, das ein Wohnen inmitten
des von Sonne gesegneten Tals verbürgen muß.
Freilich sind manche dieser Landhäuser archi-
tektonisch höchst kümmerlich, soweit sie den
letztvergangenen Jahrzehnten angehören, und in-
folgedessen ganz ohne Zusammenhang mit der
Tradition ihrer Umgebung.

Desto erfreulicher ist das, was einige Archi-
tekten von heute in Heidelbergs herrlicher Um-
gebung an Landhäusern gebaut haben. Der
Geist gesunden architektonischen Schaffens regt
sich auch hier mit schöner Kraft und sucht sinn-
gemäß die gewissermaßen dem Boden ent-
sprossenen überlieferten Formen einer heiter-
behaglichen Vergangenheit mit den Tendenzen
der neuen Zeit, die auch hier ihr Recht fordern,
zu vereinigen.

Der Heidelberger Architekt Franz Kuhn ist
unter den Landhauserbauem dieser von der
Natur so bevorzugten Gegend an erster Stelle
zu nennen. Er hat, wie alle die hier veröffent-
lichten Bauten zeigen, mit seltener Einfühlungs-
kraft die Beherrschung seiner Aufgaben ge-
wonnen und in einer geistvoll-poetischen Art die
Stimmung des Ganzen in seinen Einzelhäusern
festgehalten.

Es sind fast alles Gelehrtenwohnungen, die er
hier geschaffen, und jedes der Häuser, sowohl
der geräumiger angelegten wie der kleineren, be-
kundet in seiner prunklos-zweckmäßigen, doch
mit dem Gefühl geschaffenen Architektur, daß
es gut sein muß, unter seinem Dach in stimmungs-
reichen Zimmern und in rundbogigen Loggien
den anmutigen Beschäftigungen des Geistes zu
leben. Es sind köstliche Studienheime. Und
Ruhesitze überhaupt, denn vor allem breitet sich
Ruhe und Stille um sie. Sie sind der Landschaft
eingeschmiegt, ganz wie ohne Absicht, halb zu-
rückgezogen und doch mit Hallen und Baikonen
der heiteren Welt dieses Tales offen.

Und es sind gute deutsche Häuser, obgleich
manchen, wie dem Landhaus des Prof. Sillib,
ein südlicherer Einschlag nicht fehlt. Aber die
Verschmelzungen, wo sie vorhanden, erscheinen
als glückliche. Bei allen, namentlich bei den
Landhäusern Dr. Arheid, Post, Wülfing freut man
sich über die Klarheit der Grundrisse, die or-
ganische Gliederung des Ganzen. Voll schönster
Ruhe und Heiterkeit grüßt das Landhaus Dr.
Voigtländer-Tetzner von der grünen Höhe Schlier-
bachs; dieser anmutige Heidelberger Vorort, der
nächste hinter dem Karlstor und zu Füßen
waldiger Berge, ist überhaupt ein richtiger Ruhe-
wohnort geworden und mit den schönsten der
Kuhn'schen Landhäuser besetzt.

Auf der anderen Neckarseite zeigt das Wohn-
haus des Professors Wülfing wohl die glücklichste

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