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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Frobenius, Leo: Alte und junge afrikanische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0129

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ALTE UND JUNGE AFRIKANL nicht vorstellen, daß hier selbständige Kultur,
SCHE KUNST. selbständige Geschichte, selbständige Entwicke-

VON LEO FROBENIUS 'un^ unc^ se^stgeborene Kraft heimisch seien.

Solcher Gedankengang und solche Betrach-
Die Völker des Altertumes | betrachteten tungsweise ist es gewesen, welche zuerst aus
Afrika kulturgeschichtlich als ein Doppelland, der Presse mir entgegenklangen, als ich die Be-
Der alte Herodot unterscheidet ganz ausge- hauptung aufstellte, auch Afrika hätte in ge-
sprochen hier Ägypten, dort Libyen. Der Be- wissem Sinne selbständige Kulturformen von
griff Afrika, die Einheitlichkeit eines Raumes, nicht unbedeutender Höhe besessen und hätte
den Ägypter, Libyer und Äthioper doch nach- einst selbst Kunstwerke aufblühen sehen, die
barlich behausten, war ihm etwas absolut Fremdes, ihrem inneren Wesen und der ganzen Aus-
Und diese Zweiteilung hat die Kritik des Alter- gestaltung nach die Berechtigung dazu gegeben
tumes bis in die Zeit der skeptischen Wissen- hätten, von afrikanischer Kunst zu sprechen,
schaft hinein beibehalten. Ägypten war ein Es muß ohne weiteres zugegeben werden,
Land für sich, und Libyen, dessen südliche daß das, was die ethnographischen Museen uns
Teile von den Äthiopen bewohnt wurden, war zeigen, unbedingt nicht dazu Veranlassung geben
auch ein Land für sich. kann, von afrikanischer Kunst zu sprechen.

Wenn wir nun aber heute auch alle unsere Wer die afrikanische Abteilung eines „Museums
Anschauungen und unsere Gesichtspunkte bei für Völkerkunde" durchwandert und besonders
der Betrachtung des Erdteiles und der Völker, den Sammlungen aus den südlich der Sahara
die diesen Erdteil Afrika bewohnen, geändert gelegenen Gebieten seine Aufmerksamkeit wid-
haben, so bleibt uns doch im
Grunde genommen noch die eine
Unterschiedlichkeit der Vorstellung
von „Ägypten" und „Afrika". Jeder
Laie und jeder Fachmann wird,
wenn er von ägyptischer Kultur
und von ägyptischem Wesen
spricht, gar nicht auf den Gedanken
kommen, daß eine Gemeinsamkeit
im Besitze der Eigentümlichkeiten
etwa des Westens und Ägyptens
oder aber des Südens und Ägyp-
tens besonders hervortritt. Kultur-
geschichtlich betrachtet ist Ägypten
für uns das Land, das gewisser-
maßen zum symbolischen Ver-
treter des Uralters uralter Hoch-
kultur geworden ist und Afrika das
Land der schwankenden Geschichte,
das Land mit den „vielen" Völkern,
mit den „wilden" Stämmen, das
Land, das ununterbrochen zu der
berühmten Frage „quid novi ex
Afrika" auffordert, das Land, das
Europa so nahe gelegen ist, und
dessen Bevölkerungen ihm doch
so fern stehen. Und auch Karthago,
dessen altertümliche Größe man
mehr und mehr bewundern lernt,
hat noch vor gar nicht so langer
Zeit auch nur als eine fremde
Kolonie in Afrika gegolten. Die
zähe Haltbarkeit dieser Vorstellung
ist typisch. Wir konnten uns von
den Räumen des afrikanischen
Kontinents, soweit sie außerhalb

Ägyptens liegen, bisher einfach Terrakotta-köpf „mia-, von vom gesehen

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