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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Ludwig Pietsch in Baden-Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0183

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UDWIG PIETSCH IN BADEN-
BADEN.

Wie oft auch Ludwig Pietsch im Kreise seiner
Lieben und Freunde aus dem unerschöpflichen
Schatze seiner Erinnerungen ein Erlebnis, eine
Episode, eine Erinnerungsreihe hervorholte und
in packender Anschaulichkeit, in farbenfrohen,
lebensvollen Bildern vor uns wieder erstehen
ließ nirgends hat er lieber verweilt, nie war
das innere Schauen lebendiger, nie strömten ihm
Worte und Bilder in reicherer Fülle, nie sprach
aus seinen Worten ein reineres, noch in der
Erinnerung mit tiefer Wehmut neugenossenes Glück,
als wenn er von den Sommertagen erzählte, die
er seit 1863 viele Jahre hindurch alljährlich in
Baden-Baden zu verleben pflegte. Denn zu dem
Reichtum unvergeßlicher Eindrücke, die die
wunderbar ruhig und glücklich stimmende Schwarz-
waldlandschaft mit ihren kaum irgendwo auf
deutschem Boden in gleicher Fülle vereinten

Reizen diesem für alles Schöne so weit geöffneten
Künstlerauge immer aufs neue spendete, zu der
berauschenden Pracht und dem quellenden Reich-
tum des Lebens der internationalen Welt in der
größten Zeit, die Baden je gehabt hat, gesellten
sich damals die nur wenigen Auserlesenen zu-
srändichen stilleren und tieferen Freuden einer

O O

geistigen und künstlerischen Atmosphäre von
subtilster Feinheit und Reinheit, wie sie seitdem
der Stadt im Oostal — und nicht nur dieser -
verloren gegangen ist. So herrschte in dem
Kreis, der sich um Pauline Viardot und Iwan
Turgenjew in der Villa der Frau Viardot im Tier-
gartental und fernab vom Strudel der großen
Welt zusammenfand, ein Kreis, zu dem auch L. P.
als einer der Intimsten und Willkommensten ge-
hörte, seitdem er im Jahre 1863 von seinem
Freunde Turgenjew in seiner eigenen Miets-
wohnung, später in seinem am Saunberg neu
erbauten Schlößchen aufgenommen war. — In
seinen Lebenserinnerungen „Wie ich Schriftsteller

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