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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Berling, ...: Meissner Porzellan im gräflich von Brühlschen Schlosse Pförten
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Abb. 1. Zu dem Artikel: Meißner Porzellan im Gräflich von Brühischen Schlosse Pforten

MEISSNER PORZELLAN IM
GRÄFLICH VON BRÜHL-
SCHEN SCHLOSSE PFORTEN

Seiner 1740 nach Meißen verlegten Porzellan-
fabrik hat der sächsische Kurfürst Friedrich
August I. von Anfang an das lebhafteste Interesse
entgegengebracht. Er hat sie aus eigenster Ini-
tiative gegründet, ihr in dem ersten Jahrzehnt
durch ansehnliche Zuschüsse die Lebensfähigkeit
ermöglicht und an sie durch seine eigenen Be-
stellungen technisch die allergrößten Anforde-
rungen gestellt. Und wenn diese Aufgaben auch
nicht alle restlos gelöst werden konnten, so
waren es doch solche, an denen die Kraft, das
Können, die Berühmtheit der Fabrik zu mächtiger
Höhe emporwuchsen.

Als er im Jahre 1733 seinem Sohn den
Fürstenthron hinterließ, änderten sich diese Ver-
hältnisse völlig. Einige Jahre zwar wurden in
Meißen noch an den großartigen Bestellungen
für das japanische Palais weitergearbeitet, aber
das unmittelbare Einwirken des Fürsten auf die
Manufaktur war bei Friedrich August II. von
Beginn an nicht vorhanden. Statt dessen über-
nahm der damalige Geheime Rat von Brühl die
Vermittlung zwischen Meißen und dem Landes-
herrn, ein Verhältnis, das sich sehr bald zu
einer völligen Leitung auswuchs, und das in
Brühls 1739 erfolgten Ernennung zum Ober-

DIE KUNSTWELT II, 11/12

direktor der Fabrik die landesherrliche Bestäti-
gung erhielt.

Diese bis zum Ausbruch des siebenjährigen
Krieges zu rechnende Periode bedeutet für
Meißen einen solchen Höhepunkt, wie er weder
vorher noch nachher erreicht wurde. Hierzu
haben Brühl's feiner Geschmack, sein kühn
unternehmender Geist, seine Geschicklichkeit im
Ausgleichen von Meinungsverschiedenheiten und
vor allem seine eigenen Bestellungen sicher das
ihre beigetragen.

Für eine solche segensreiche Tätigkeit an der
Meißner Fabrik hat der zu immer größerer
Macht gelangende Minister eine bare Besoldung,
wie für seine sonstigen Ämter, nicht bezogen.
Statt dessen wurde ihm zugesichert, daß er alles
Porzellan, das er sich aus Meißen kommen ließe,
ohne Entgelt erhalten solle. Es ist nur zu
begreiflich, daß er hiervon den ausgiebigsten
Gebrauch gemacht hat.

Der Kabinettsminister Graf Heinrich von
Brühl, der dem sächsischen Hofe verschiedent-
lich Repräsentationspflichten abnahm, führte eine
solch üppige Haushaltung, daß von derem Glänze
sogar die Gesandten fremder Höfe nach Hause
zu berichten wußten. Ein solcher Hofstaat
brauchte in damaliger Zeit Porzellan in Masse.
Man stellte daraus ganze Kamine her und
schmückte diese mit Vasen, mit Figuren und
Gruppen, man hatte Kaffee-, Tee- und Schoko-

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