RUDOLF VON ALT
anderen, gleichzeitigen Blatte resolut mit einge- am Ostermontag 1782 den Segen erteilte, und
stemmtem Ellenbogen fixiert hat. wo 1848 der Kriegsminister Latour aufgeknüpft
In den beiden berühmten Interieurs bei worden ist. Diesen herrlichen Straßen-Saal hat
Metternich und bei Skoda sind die Figuren Rudolf Alt natürlich wiederholt gemalt, mit der
nicht mehr Selbstzweck, aber auch noch nicht hochragenden Mariensäule (der Münchener nach-
Staffage. Beim Staatskanzler Metternich malte gebildet von Herold) und den beiden hübschen
Alt gerade um eine kritische Zeit. Seine Villa Brunnen, die zu seinem Verdruß später entfernt
hat er im Sturmjahre 1848 aufgenommen, das worden sind. Das kleine Aquarell, so ein
den Hausherrn hinwegfegte, und ein paar Jahre Wigand von Alt, gehört zu einer Serie von
später, während der ärgsten Reaktion, zeichnet 10 Blättchen, die sich ein russischer Diplomat,
und malt er den Staatskanzler selbst in seinem Graf Barjatinsky, zur Erinnerung an Wien
Heime. Der Fürst liest den Damen der Familie malen ließ und nach Paris mit nahm. Sie kamen
eben aus der Augsburger Allgemeinen vor, und dann mit seinem Sohne, einem Botschaftssekretär,
zwar den Pariser Brief über den Staatsstreich nach Rom, und tauchten erst vor drei Jahren
Louis Napoleons, den er sehr verrucht findet, wieder im Kunsthandel auf. Das große Blatt,
Das war so eine Erinnerung Rudolf v. Alts, ein Meisterstück, hat Alt auf Bestellung der
der ja auch noch beim Leichenbegängnis Beet- Künstlergenossenschaft für seine Jubiläums-Aus-
hovens dabei war, in der Dreifaltigkeitskirche Stellung gemalt und am Morgen seines 80. Ge-
auf dem Aisergrund, wo er selbst getauft und burtstages vollendet. Die Ehrengabe von
eingesegnet worden ist. 11 000 Kronen, die er dafür erhielt — das
Der berühmte Diagnostiker Professor Josef Bild wurde für die kaiserliche Gemäldegalerie
Skoda, der Bruder des Groß-
industriellen, war Alts Nachbar
in der später nach dem Mediziner
benannte Gasse. Seine Kollegen
ließen sich nun von Alt bei
einer Whistpartie malen (auch
beim Billardspiel übrigens). Das
Interieur, das hier nur einem
Genrebilde mit witzigen Por-
trätköpfen zur Folie dient, zeigt
die Behaglichkeit einer wohlha-
benden Wiener Bürgerwohnung
um 1850. Die Bilder an den
Wänden hat Alt getreulich nach-
gemalt, mit feiner Unterscheidung
im vernebelten Ton gegenüber
den neun scharfen Köpfen nach
der Natur, von denen nament-
lich der charakteristische des
Hausherrn sehr gut getroffen
sein soll. Als Honorar erhielt
der Künstler für diese geniale
Lösung einer mühsamen Aufgabe
(zugleich auch für die „Billard-
partie") ein richtiges Ehren-
geschenk : ein gläsernes Bierkrügel
mit silberner Fassung!
Das vormärzliche Alt-Wien,
dessen Sitten und Gebräuche sich
nirgends besser als in den Veduten
unseres Meisters abspiegeln,
begegnet uns auf einigen anderen
Aquarellen. Da ist der Platz
„Am Hof", wo einst die Baben-
bergerburg stand, später Papst
Pius VI. von der Kirche zu den
neun Chören der Engel (Carlone) selbstporträt rudolf von alt
13
anderen, gleichzeitigen Blatte resolut mit einge- am Ostermontag 1782 den Segen erteilte, und
stemmtem Ellenbogen fixiert hat. wo 1848 der Kriegsminister Latour aufgeknüpft
In den beiden berühmten Interieurs bei worden ist. Diesen herrlichen Straßen-Saal hat
Metternich und bei Skoda sind die Figuren Rudolf Alt natürlich wiederholt gemalt, mit der
nicht mehr Selbstzweck, aber auch noch nicht hochragenden Mariensäule (der Münchener nach-
Staffage. Beim Staatskanzler Metternich malte gebildet von Herold) und den beiden hübschen
Alt gerade um eine kritische Zeit. Seine Villa Brunnen, die zu seinem Verdruß später entfernt
hat er im Sturmjahre 1848 aufgenommen, das worden sind. Das kleine Aquarell, so ein
den Hausherrn hinwegfegte, und ein paar Jahre Wigand von Alt, gehört zu einer Serie von
später, während der ärgsten Reaktion, zeichnet 10 Blättchen, die sich ein russischer Diplomat,
und malt er den Staatskanzler selbst in seinem Graf Barjatinsky, zur Erinnerung an Wien
Heime. Der Fürst liest den Damen der Familie malen ließ und nach Paris mit nahm. Sie kamen
eben aus der Augsburger Allgemeinen vor, und dann mit seinem Sohne, einem Botschaftssekretär,
zwar den Pariser Brief über den Staatsstreich nach Rom, und tauchten erst vor drei Jahren
Louis Napoleons, den er sehr verrucht findet, wieder im Kunsthandel auf. Das große Blatt,
Das war so eine Erinnerung Rudolf v. Alts, ein Meisterstück, hat Alt auf Bestellung der
der ja auch noch beim Leichenbegängnis Beet- Künstlergenossenschaft für seine Jubiläums-Aus-
hovens dabei war, in der Dreifaltigkeitskirche Stellung gemalt und am Morgen seines 80. Ge-
auf dem Aisergrund, wo er selbst getauft und burtstages vollendet. Die Ehrengabe von
eingesegnet worden ist. 11 000 Kronen, die er dafür erhielt — das
Der berühmte Diagnostiker Professor Josef Bild wurde für die kaiserliche Gemäldegalerie
Skoda, der Bruder des Groß-
industriellen, war Alts Nachbar
in der später nach dem Mediziner
benannte Gasse. Seine Kollegen
ließen sich nun von Alt bei
einer Whistpartie malen (auch
beim Billardspiel übrigens). Das
Interieur, das hier nur einem
Genrebilde mit witzigen Por-
trätköpfen zur Folie dient, zeigt
die Behaglichkeit einer wohlha-
benden Wiener Bürgerwohnung
um 1850. Die Bilder an den
Wänden hat Alt getreulich nach-
gemalt, mit feiner Unterscheidung
im vernebelten Ton gegenüber
den neun scharfen Köpfen nach
der Natur, von denen nament-
lich der charakteristische des
Hausherrn sehr gut getroffen
sein soll. Als Honorar erhielt
der Künstler für diese geniale
Lösung einer mühsamen Aufgabe
(zugleich auch für die „Billard-
partie") ein richtiges Ehren-
geschenk : ein gläsernes Bierkrügel
mit silberner Fassung!
Das vormärzliche Alt-Wien,
dessen Sitten und Gebräuche sich
nirgends besser als in den Veduten
unseres Meisters abspiegeln,
begegnet uns auf einigen anderen
Aquarellen. Da ist der Platz
„Am Hof", wo einst die Baben-
bergerburg stand, später Papst
Pius VI. von der Kirche zu den
neun Chören der Engel (Carlone) selbstporträt rudolf von alt
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