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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Holzschnitte von Heine Rath
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0076

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HOLZSCHNITTE VON HEINE RATH.

„Mit Bedeutung gefällig sein" — diese alte
Hauptforderung an eine künstlerische Arbeit
hat nicht nur da Berechtigung, wo es sich
um Schöpfungen im sogenannten großen Stil
handelt. Je enger der Kreis eines Kunstschaffens
ist, desto nachdrücklicher wird sich vielmehr
der Anspruch im Goetheschen Sinne einstellen.
Weil eine näher gezogene Begrenzung dem
Künstler ja auch viel mehr spezielle Ent-
wicklungsmöglichkeiten gibt. Er vermag seine
Kunst in dem Einen, das er sich erwählte,
zu höchsten Steigerungen zu führen, er kennt
nicht die bösen Gefahren der Zersplitterung,
ihm bleibt das schöne Bewußtsein von einer
Tüchtigkeit, die sich, ohne ins Ungemessene
zu laufen, mit einer Könnerschaft im Engeren
begnügt. In die er aber auch seinen ganzen
Künstlerstolz setzen kann.

Die Arbeiten des Berliner Graphikers Heine
Rath sind solche Kleinkunstwerke, die in ihrer
ganzen Art durchaus für sich stehen und die
straffe Entwicklung einer Veranlagung bekunden,
welche stark genug war, sich ihren künstlerischen
Weg selber zu suchen und nicht von dem ge-
wonnenen abzuweichen. Jedes dieser schwarzen
oder farbigen Blätter ist, so fühlt man, aus
einer inneren Anschauung entstanden; aus der
Intuition, der allein-seligmachenden, sind alle
diese Blätter geboren, und dazu sind sie mit
jener echten handwerklichen Kunst und Liebe
geschaffen, wie sie einst den großen Holz-
schneidern des Mittelalters selbstverständlich
war. Denn Rath macht keine Entwürfe, die
dann ein schlechter Handwerker ausführt; er
schneidet seine Platten und druckt seine Blätter
selbst, wobei er so glücklich ist, den Zug der
Zeit zu ignorieren, der auf die Massenproduktion,
die Hätz und die Oberflächlichkeit gerichtet
ist Wer die Mappen des Künstlers durch-

sieht, empfängt vor den allermeisten seiner
Blätter den wichtigsten Eindruck: daß sie
wirklich mit Bedeutung gefällig sind!

Welche unendlichen koloristischen Reize ver-
mag Heine Rath aus seinen Vorwürfen heraus-
zuholen! Ein unermüdliches Abwägen und
Probieren, ein bis ins Diffizilste abwägender
Farbensinn gibt diesen meisterlichen Leistungen
eines modernen Holzschneiders die Note der
künstlerischen wie der technischen Vollendung.
Die Arbeit Heine Raths erscheint umso be-
deutungsvoller, als es (bei dem heutigen Tief-
stand des persönlich gestaltenden Kunsthand-
werks) nur herzlich wenige gibt, die das ähnlich
so machen können! Der Künstler verschmäht
das übliche Vorzeichnen der Konturen; er
arbeitet „fleckig", von den Farben selbst aus-
gehend, und die Umrisse werden erst zuletzt
über die mit verschiedenen Platten gewonnenen
Farbenresultate gedruckt. Dadurch gewinnen
alle seine Blätter etwas ungemein Impressionis-
tisches. Besonders interessant ist es, wieviel
farbige Wirkungen selbst noch in seinen
Schwarz-Weiß - Blättern stecken!

Heine Rath, ein Achtunddreißigjähriger, kam
von der Lithographie her, seine Studienjahre
verbrachte er in Berlin und Stuttgart. Seit
einer Reihe von Jahren huldigt er nur seiner
einen Liebe: dem Holzschnitt. Die Kupferstich-
kabinette Berlin, Dresden, Stuttgart, Bremen,
Wien besitzen zahlreiche Blätter des Künstlers,
der Mitglied der Sezession ist.

Es wird immer noch geklagt, daß der künst-
lerische Wohnungsschmuck zu kostspielig sei.
Ein paar farbige Holzschnitte wie diese (von
denen jeder Abzug wie ein Original wirkt)
machen mit billigen Mitteln eine Zimmerwand
schön, heiter, künstlerisch. / /.
 
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