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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Meyerheim, Paul Friedrich: Antoine Louis Barye: Plauderei über Tierbildnerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0078

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ANTOINE LOUIS BARYE

die Mitte des vorigen Jahrhunderts, Franz
Krüger und Karl Steffeck, haben ihre
Kunst und ihren Pferdeverstand meisterhaft
bewiesen. Wie ein Meteor erschien in den
sechziger Jahren Teutwart Schmitson, der
in Wahrheit der Erscheinung und Bewegung
der Tiere und deren Verhalten zur Landschaft
bahnbrechend für die ganze Freilicht-Malerei
wurde. Neben ihm stehen der treffliche Schaf-
maler Albert Brendel und nicht zuletzt Adolf
Menzel in seinen reizenden Tieraquarellen des
Kinderbuches. Um diese Zeit wirkte in Berlin
ein ausgezeichneter Bildhauer: Wilhelm Wolff,
der viele vortreffliche Werke von größter
Genauigkeit geschaffen hat. In Paris wirkten
zu gleicher Zeit Fremier, Mene und Baryer
von dem ich später ausführlich sprechen werde.

In England habe ich bisher keinen plastischen
Darsteller des Tieres entdecken können. Hervor-
ragend und von Weltruf begleitet war dort der
Maler Ewin Landseer, einer der geschmack-
vollsten Kompositeure geistreichen Tierlebens,
der sich der besonderen Gunst der Königin
von England erfreute. Er hat auch vier sitzende
plastische Löwen auf dem Trafalgarsquare in
London geschaffen, die aber nicht einen hervor-
ragenden plastischen Sinn beweisen. In seinen
vielen Bildern, deren wundervoll ausgeführte

Stiche bis heute stets die Schaufenster aller
Kunsthandlungen schmücken, hat er von der
heute so verpönten Anekdote im Bilde oft einen
weitgehenden Gebrauch gemacht. Viele be-
haupten, seine Hirsche und Hunde sähen aus,
als ob sie alle Romane gelesen hätten. In den
Räumen der Königin Viktoria in Osborne-
Houseauf der Insel Wight sieht man an allen
Wänden Hunde, Affen und Papageiporträts,
die in anmutiger Abwechselung mit den Bild-
nissen höchst aristokratischer Personen plaziert
sind. Alle seine Bilder sind mit leichtem sicherem
Pinsel scheinbar prima hingezeichntt und gemalt.
Alle sind in so schöner Weise komponiert,
daß jeder Künstler daran viel lernen kann.

Jetzt nach der Jahrhundertwende ist die Zahl
derjenigen Künstler, welche sich der Wieder-
gabe der Tiere befleißigen, eine ganz enorme,
wie man auf jeder Kunstausstellung beobachten
kann. Es ist unmöglich, diese alle aufzuführen,
es könnte leicht ein Würdiger vergessen werden.
Gerade in der Wiedergabe des Tieres haben zwei
Damen Wunderbares geleistet. RosaBonheur,
die von ihren trefflichen Brüdern, August und
Isidor als Maler und Peyrol Bonheur als
Bildhauer geleitet, zu einer enormen Höhe empor
gerissen wurde, und jetzt in Kopenhagen die
Bildhauerin Frau Nielsen, welche sich ein

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