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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Der Künstler und das Kunstwerk: eine Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0091

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DER KUNSTLER UND DAS KUNSTWERK

niker außerhalb seines Gegenstandes und macht
aus dessen Erscheinung eine Puppe, ein Objekt
seiner Willkür, einen Haubenstock zur An-
bringung technischer Reize — das kostet kein
Ringen, die Virtuoseneleganz der Vielzuvielen
leistet das ohne Mühe. Für ihn ist der Gegen-
stand nicht Objekt, sondern Subjekt. Mit dem
Objekt kann man treiben was man will
das lebendige Subjekt aber erschließt sich nur
der inneren Hingabe, hier gilt es aufzugehen
im Charakter des Dargestellten, sich zum Aus-
drucksdiener dieses Charakterakkords zu machen,
so lange zu ringen, bis das Natursubjekt und
das Schöpfersubjekt in der Form den Einklang
fanden, der sowohl der Natur wie der Indivi-

dualität ihr volles Recht läßt, während der
Virtuos entweder die Natur vergewaltigt oder
sie seelenlos äußerlich kopiert.

Wenn Grünewald hier den Todeskampf dar-
stellt, so leidet er mit und die Erschütterung
und Ergriffenheit, welche ursprünglich ist wie
die Natur, findet auch ursprüngliche Ausdrucks-
möglichkeiten; denn hier werden nicht Pot-
pourris komponiert, sondern Seelenakkorde ex-
poniert, und Notwendigkeit und Wahrheit zeugen
von selbst Gliederungsmöglichkeiten und Form-
konstellationen, auf die kein Potpourriarrangeur
jemals kommen kann. Zur Form gelangt nur,
wer auf alle Formeleien verzichtet und sich
dem befruchtenden Leben hingibt. Lebendige

SKIZZE ZU EINEM SITZENDEN LÖWEN. KLEINBRONZE ANTOINE LOUIS BARYE

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