DER KÜNSTLER UND DAS KUNSTWERK
KINDERZIMMER. Braun gestrichen Entwurf: ALBERT GESSNER
noch immer unter dem Eindruck des Bildes, mit, daß von allen Kunstwerken, die im Laufe
das ich als Knabe am Fenster unseres Wohn- meines Lebens auf mich gewirkt, das Richard
zimmers hängen sah und das gewiß kein Wagner'sche auf mich den stärksten Eindruck
Kunstwerk war? Welches Kunstwerk soll ich gemacht hat."
nennen? Mein Leben ist noch nicht einmal
beschlossen, wie, wenn nun ein Kunstwerk Zu den Künstlern, die ihre stärksten Kunst-
jetzt noch mir zu Gesicht käme, das all die eindrücke nicht mit Namen belegen wollten,
früheren auslöschte und meine eignen dazu? gehört auch
Mir scheint's, den Künstlern geht's mit den Professor Wilhelm Trübner
Werken der Kunst wie mit den Herrlichkeiten , . . , ' . _ . . ,' ,
der Natur: Sie werden mit allen beschenkt: der m einem liebenswürdigen Briefe bekennt:
In jedem einzelnen Werke schlummert eine » • • ' lch §ehöre als Kunstgenießer nicht zu
Welt. Und darum ist die gestellte Frage eine den Blaubartnaturen, die, um sich für eine
Frage nach dem Leben, und nur eine Biographie Sache Sanz begeistern zu können, vorher alles
könnte sie beantworten, wenn man vermöchte, Ubri2e 111 Bdracht kommende, mit tätlichem
sie von innen heraus zu schreiben " verI0'gen und abmurksen müssen, sondern
ich zähle betreffs Kunstgenuß mehr zu den
Don Juan-Naturen, die ohne übertrieben heikel
Ohne auf die Schöpfungen der bildenden zu seitl) sich gleichzeitig von recht Vielem
Kunst einzugehen, nennt und in der Richtung ganz Verschiedenem
Geh. Rat Prof. Henry Thode im höchsten Maße begeistern lassen. Mit ein-
das Werk, welches ihn am nachhaltigsten ergriff zelnen Namen kann ich deshalb nicht aufwarten,
und bei dem freilich die Grenzen aller Künste sondern ebenso wie Leporello könnte ich auch
dicht zusammenrücken: nur zahlenmäßig eine Uebersicht abgeben."
„In Beantwortung Ihrer Frage teile ich Ihnen *
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KINDERZIMMER. Braun gestrichen Entwurf: ALBERT GESSNER
noch immer unter dem Eindruck des Bildes, mit, daß von allen Kunstwerken, die im Laufe
das ich als Knabe am Fenster unseres Wohn- meines Lebens auf mich gewirkt, das Richard
zimmers hängen sah und das gewiß kein Wagner'sche auf mich den stärksten Eindruck
Kunstwerk war? Welches Kunstwerk soll ich gemacht hat."
nennen? Mein Leben ist noch nicht einmal
beschlossen, wie, wenn nun ein Kunstwerk Zu den Künstlern, die ihre stärksten Kunst-
jetzt noch mir zu Gesicht käme, das all die eindrücke nicht mit Namen belegen wollten,
früheren auslöschte und meine eignen dazu? gehört auch
Mir scheint's, den Künstlern geht's mit den Professor Wilhelm Trübner
Werken der Kunst wie mit den Herrlichkeiten , . . , ' . _ . . ,' ,
der Natur: Sie werden mit allen beschenkt: der m einem liebenswürdigen Briefe bekennt:
In jedem einzelnen Werke schlummert eine » • • ' lch §ehöre als Kunstgenießer nicht zu
Welt. Und darum ist die gestellte Frage eine den Blaubartnaturen, die, um sich für eine
Frage nach dem Leben, und nur eine Biographie Sache Sanz begeistern zu können, vorher alles
könnte sie beantworten, wenn man vermöchte, Ubri2e 111 Bdracht kommende, mit tätlichem
sie von innen heraus zu schreiben " verI0'gen und abmurksen müssen, sondern
ich zähle betreffs Kunstgenuß mehr zu den
Don Juan-Naturen, die ohne übertrieben heikel
Ohne auf die Schöpfungen der bildenden zu seitl) sich gleichzeitig von recht Vielem
Kunst einzugehen, nennt und in der Richtung ganz Verschiedenem
Geh. Rat Prof. Henry Thode im höchsten Maße begeistern lassen. Mit ein-
das Werk, welches ihn am nachhaltigsten ergriff zelnen Namen kann ich deshalb nicht aufwarten,
und bei dem freilich die Grenzen aller Künste sondern ebenso wie Leporello könnte ich auch
dicht zusammenrücken: nur zahlenmäßig eine Uebersicht abgeben."
„In Beantwortung Ihrer Frage teile ich Ihnen *
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