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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Der Künstler und das Kunstwerk: eine Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0102

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DER KUNSTLER UND DAS KUNSTWERK

hatte, ich war ein kleines Bühle und dachte: dicht geschaffen hat — so ein malerisches
etwas Besseres gibts auf der Welt nicht, es ist Lichterspiel, so eine musikalisch abgewogne
eine Lust zu leben. Mit diesen Äußerungen wohltuende Symphonie.

hoffe ich sowohl den Pflanzenessern wie auch Damit komme ich zur Musik, da ist der Em-
den Fleischessern gerecht zu werden. druck der guten Musik so stark, daß ich denke,
In Bezug auf bildende Kunst hat ein von etwas Schöneres giebts nicht als unsre herrliche
meinem altern Bruder gemalter Leopard einen deutsche Musik, auch hier möchte ich nichts
so starken Eindruck auf mich gemacht, daß ich, einzelnes nennen. Und gar unsre Dichterwerke
als er mir weggenommen wurde, schrie: Leo- und dramatischen Werke, Goethes Faust, Schillers
pardo, Leopardo, womit ich noch lang geneckt Braut von Messina, Wagners Tristan,
wurde; — auch ein holzgeschnitztes Pferd Nein, es ist mir ganz unmöglich, ein Kunstwerk
hätte ich gern meinem Nachbarsbuben gestohlen, zu nennen, welches im Laufe meines ganzen
wenn es möglich gewesen wäre. In dieser Lebens den stärksten Eindruck auf mich gemacht
Jugendzeit habe ich auch zum erstenmale das hat — aber um so mehr kann ich mich bei
Freiburger Münster gesehen, es hat aber gar diesem Nachdenken darüber freuen, daß wir
keinen Eindruck auf

mich gemacht — _ _

damals nämlich,
später schon!

Der Eindruck von
einem Kunstwerk
ist oft um so stär-
ker, wenn dasselbe
einen überrascht,
einem begegnet, wo
man nicht daran
denkt. Deshalb ver-
gesse ich auch gerne
die ästhetischen ge-
schichtlichen Vor-
beratungsbücher. So
einen unerwarteten
Eindruck machten
mir z. B. die anti-
ken Löwen vor
dem Arsenal in
Venedig, aber auch
noch recht viel
andre große Werke,
denn ich hatte
immer einen guten
Appetit, aber jetzt
kann ich keinen
einzelnen Eindruck
mehr herausheben,
ohne andern unrecht
zu tun. Ein ganz
neuer starker Ein-
druck war mir die

Liebfrauenkirche Jm^Ks^. w

in Trier — von BlST*'^^^^ ML^^flH Hfl

deren Dasein ich nLfelfjf^l

nichts gewußt hatte. IäAÄ Sn*

ich war freudig BM^^^
überrascht, daß hier
ein Architekt mit
seinen Steinen so

ein liebliches Ge- DAMENSALON. Birke Entwurf: ALBERT GESSNER

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