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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Frobenius, Leo: Alte und junge afrikanische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0138

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ALTE UND JUNGE AFRIKANISCHE KUNST

M (4

OPFERüEFÄSSE. POSTBYZANTINISCHES KUNSTGEWERBE (KONGOLAND)

FUNDE DER FROBENIUS-EXPEDITION

Bild vor, welches mein Maler Carl Arriens in Bida,
einer großen Stadt des westlichen Zentralafrika,
entworfen hat, und welches uns den Blick in
die Werkstatt vorführt. Es ist eine Bronze-
treibewerkstatt. Im Hintergrunde sehen wir auf
diesem Bilde vier Arbeiter dabei beschäftigt,
aus dem ursprünglichen Gußstück ein Gefäß
heraushämmern und dieses dann mit reichen
Ornamentiken bedecken. Fertige Gefäße dieser
Art stehen im Vordergrunde auf der linken
Seite. Die Arbeiter, die in diesem Getriebe zu-
sammenwirken, sind glänzend organisiert. Das
Werkstück geht aus der Hand des ersten, welcher
das grobe Stück zu einer schalenförmigen Platte
aushämmert, in die Hand des nachfolgenden,
welcher die fertige Form herausholt und dann
in die Hand des Meisters, welcher mit einer
erstaunlichen Geschicklichkeit kunstvolle Orna-
mente hineintreibt. Die Arbeiterschaften dieser
Art sind zu einem gewissen Tagesquantum ver-
pflichtet und haben andererseits auch das Recht,
wenn sie dieses abgearbeitet haben, für eigene
Rechnung noch weiteres herzustellen. Diese
Gliederung ist typisch für alle anderen Kunst-
gewerbes tätten der großen Stadt Bida. Gleiche

Arbeitsteilung, Gerechtsame und Verpflichtung,
gleiches Zunftwesen und gleich durchgeführte
Ausbildung der Zunftmitglieder finden wir bei
den Glasarbeitern, bei den Zinnschalengießern,
bei den Steinperlenschleifern, bei den Holz-
schnitzern usw.

Wenn aber einerseits auch diese eigentümliche
zunftmäßige Gliederung als etwas ganz Auffallen-
des und Fremdartiges im afrikanischen Lande
erscheinen muß und insofern die Werkstatt der
Bronzetreiber für uns symptomatisch verschiedene
Zweige erklärt, so gibt sie doch auch leider
nach anderer Richtung hin Stoff genug zu ge-
neralisierenden Beobachtungen; nämlich diese
den Afrikanern sonst so fremdartigen Einrich-
tungen und Kunstfertigkeiten sind fast durchweg
im stärksten Niedergange begriffen. Diese
Bronzetreiber lassen sich auf den modernen
Wegen schon seit längerer Zeit das fertigge-
walzte europäische Blech aus den Küstenstädten,
in denen die europäischen Faktoreien sind,
kommen. Sie kaufen das Lot statt aus den
Bergwerken des Innern von den Händlern der
Küste. Sie ahmen Gefäße nach, die so ziem-
lich als das Schlechteste, was Europa überhaupt

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