Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

DOI Artikel:
Frobenius, Leo: Alte und junge afrikanische Kunst
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0143

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ALTE UND JUNGE AFRIKANISCHE KUNST

STEINPERLENSCHMUCK AUS DER SAHARA (BIDA IM NUPELANDE) FUNDE DER FROBENIUS-EXPEDITION

nahmevorganges sich als steigend höhere Werte gehört mit zu dem Schönsten, was überhaupt
herausstellen. Wir haben eben von der Bronze- aus irgend einem Lande der Naturvölker nach
treiberei gesprochen und sehen aus den bei- Europa gebracht werden konnte,
gegebenen Abbildungen, daß hier ein wirklich Welches war nun das ältere Element, das so
selbständiges und wertvolles Kunstgewerbe sich stark und kräftig war, daß es bei der Neubefruch-
herausgebildet hat. Die Einflüsse und Anre- tung durch die byzantinische Formwelt noch
gungen erstrecken sich offenbar auf das siebente einmal einen neuen Stil hervorbringen konnte?
nachchristliche Jahrhundert. Die Untersuchungen Wir sind alten Traditionen gefolgt und haben
lehren uns aber, daß diese neuen Elemente sich in Westafrika ausgegraben. Wir haben unter
mit älteren verbanden, die ihrerseits schon un- der Erde, 5 — 8 m tief, eigentümliche Stein-
endlich viel länger in Afrika Heimatsrechte ge- Skulpturen und Terrakotten gefunden. Wir haben
wonnen hatten. Diese älteren nun zeigen viele die Fundamente der alten Paläste untersucht
große Verfeinerungen und wirklich künstlerische und fanden, daß hier einst Ziegelbauten standen,
Ergebnisse, eingewachsen und entwickelt auf auf deren Trümmern die heutigen königlichen
afrikanischem Boden. Mit den älteren Einrich- Palastbauten genau nach den alten Massen er-
tungen, die durchgreifender religiöser und richtet sind. Demnach zeigen die heutigen
staatenbildender Natur waren, verband sich das Bauten dieselben Verhältnisse und denselbe archi-
frühchristliche Element und schuf einen Stil tektonischen Stil. Es waren mächtige Impluvial-
des Kunstgewerbes, der mit der Machtausdehnung Bauten mit sehr schön zusammengefügten Höfen
bis nach der westafrikanischen Küste vordrang und Gallerien, die offenbar von mächtigen
und von hier aus sich auch weit nach Süden Dächern überragt waren. Die Architekturen
erstreckte. Was wir im Süden an kunstgewerb- waren geschmückt mit gebrannten Kacheln,
liehen Produkten gefunden haben, an Plüsch- Diesem Ausbau des Wohnraumes entsprach das
Stoffen, an Holzschnitzereien, an Bronzegüssen, Innenleben. Die Porträts, die wir ausgraben

110
 
Annotationen