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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Die Erziehung zum Baukünstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0151

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DIE ERZIEHUNG ZUM BAUKUNSTLER

mehr als auf die routinierte Darstellung kommt Stilgebilden überließ man dem Historiker oder
es in der Architektur auf innere Kultur und Kuriositätenliebhaber. Eine moderne Aufgabe in
künstlerische Eigenart an. vergangenen Stilformen zu lösen, wäre dem früheren

Betrachtet man die heutigen Ausbildungs- Baukünstler so erschienen, als wollte man heute
anstalten für Architekten, so ist die Fülle der eine Brücke in veralteter Gußeisentechnik oder
Stoffgebiete, welche dem eigentlichen Zweck völlig ein Automobil in unmodernen Formen bauen,
fern liegen, geradezu beängstigend. Nicht allen Die Diagnose des heutigen, krankhaften Zu-
Architekten o-elincrt es, im Verkehr mit Malern Standes auf dem Gebiet der Architektur ist °:e-
und Bildhauern den von den Hochschulen über- stellt. Nun heißt es handeln und dem Krebs-
nommenen Ballast abzuschütteln und wieder zum schaden zu Leibe zu gehen, der Land und Städte
Bewußtsein des ursprünglichen, künstlerischen Ich verschandelt. Laßt dem Baubeamten, was des
zu gelangen. Wozu diese Energievergeudung, Baubeamten ist: Verwaltung, Abrechnung, Bau-
die selbst dem starken Künstler das freie Atmen polizei, eventuell den Denkmälerschutz, aber gebt
erschwert und das schwache Talent erstickt! dem freien Künstler, was des Künstlers ist: die künst-
Wie konnte unsere Zeit, die doch sonst den lerischen Aufgaben auf öffentlichem und privatem
Persönlichkeitskult schuf und sich ihrer histo- Gebiet. Schließt wieder ein Band um die drei
iischen und biographischen Kenntnisse rühmt, bildenden Künste, gründet Schulen, wo bedeu-
so ganz den Werdegang früherer Architekten tende Persönlichkeiten zu ihren Jüngern in einem
und Architekturwerke vergessen! Zu allen Zeiten patriarchalischen Verhältnis stehen und bremst nicht
größter Architekturleistuno;en waren die Bau- die Q-estaltende Phantasie durch abstrakte Wissen-
meister entweder gleichzeitig Bildhauer und Maler schaften. Das muß die Losung bei der Gründung
oder sie ergänzten ihr Tätigkeitsgebiet durch zeitgemäßer Architektenschulen sein!
Schaffung von Bauhütten,

in welchem ein stän- 1
diger Stab von bildenden
Künstlern vertreten war.
Ein Architekt und Bild-
hauer, Kallimachos,
schuf das korinthische
Kapital. Die Meister der
romanischen und gothi-
schen Kathedralen gingen
aus den Klosterschulen
hervor, in denen alle
Künste heimisch waren.
Bramante, Brunellesco,
Raffael undMichelangelo,

Cronaca, Sansovino,
Alberti, Tiepolo, Palladio,

Mansard, Oppenort,
Schinkel waren meist zu-
gleich Maler und Bild-
hauer. Mit gesundem, von
grauer Theorie oder Stil-
wut freiem Sinn zogen
diese ewigen Meister in
ihrerjugend in dieAteliers
und lernten unter den
Augen bewährter, in der
Praxis stehender Persön-
lichkeiten. Unter Aus-
schaltung jeglicher Stil-
experimente galt es dort,
für den Geist und die Auf-
gaben der Zeit den besten
Ausdruck zu finden. Das
Schnüffeln in alten Schar-

. , HÖLZERNES OPFERGEFASS. Postbyzantinisches Kunstgewerbe im Koneolande. aus dem Besitz

teken und vergangenen des ßakubavoikes frobenius-expedition

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