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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Kutschmann, Max: Die ostasiatische Ausstellung der Berliner Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0234

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DIE OSTASIATISCHE AUSSTELLUNG DER BERLINER AKADEMIE DER KÜNSTE

kostbaren keramischen Stückes geführt sein

'V^:§^^^^PBHBBp8P|p^'%: % sollen.

Strengste Vorschrift für alle bei der Feier
zur Verwendung gelangenden Geräte war
Einfachheit. Das hatte die natürliche und glück-
liche Folge, daß einer protzigen Überladung
vorgebeugt wurde, soweit der gesundekeramische
Sinn Ostasiens derartige Entgleisungen nicht
von selbst verhinderte. Man war gezwungen,
alle künstlerischen Bemühungen ausschließlich
auf die höchste Vollendung der reinen Form
und Schönheit der Glasur zu erstrecken
Da jedes Gefäß, wie gesagt, eine Persönlichkeit
wM war, das in seiner ganz speziellen Bildung nur

Hl IMH einmal lebte, wenn es auch wohl Geschwister,

■ Mm l*]^^Bk Eltern, Kinder und auch weitläufige Verwandte

bJHi i hatte, die die gleiche Familienähnlichkeit zeigten,

so suchte man Werke, die zerbrochen, wenn
möglich, zu erhalten. Die Form, in der diese
WWW ^| Erhaltung geschah, zeigt das Stilgefühl des

Ostens im hellsten Lichte. Man verzichtete
P^V":''" . j§a& von vornherein darauf, solch zerbrochenes

H Stück unsichtbar zu kitten, da dem aufmerk-

m jp-V ■'. ^P^j samen Beschauer die Beschädigung nicht hätte

W~ 1" entgehen können, man machte vielmehr aus

l - llfll der Not e'ne Tugend und kittete die Scherben

mit Gold oder Silberlack, dessen feine, den
■ ■^^ - ~^\\ - JPI Sprüngen des Gefäßes folgende Linien durch

W\t "> ".^HhH ihren metallischen Schimmer seiner künstlerischen
^P^JI ;'"tB Wirkung nicht nur keinen Abbruch taten,

:1|pEäj^gjä sondern sie oft noch erhöhten.

\\&^z'-'^l '^^^M Leider konnte des beschränkten Raumes we-

HMKk| Sen nur eme kleine Anzahl keramischer Werke

ausgestellt werden; das ist besonders bedauer-
lich, weil gerade die Keramik in der ostasiati-
schen Kunstabteilung der Berliner Museen ganz
^^^muuuuuuuuuuuuuuuumuuuuuuuuummmmmmmmmmmmmmmmmmmmmm vorzüglich vertreten ist.

priesterporträt. Japan, 15.-16. jahrh. Diese Abteilung, aus deren Besitz die Über-

Photographie-Verlag Julius Bard-Berlin

zahl aller ausgestellten Stücke stammt, wurde

erst vor wenigen Jahren von Wilhelm Bode
Ausstellung vorhandenen keramischen Stücke geschaffen. Zur rechten Zeit; denn erst jetzt,
sind Chanoyugeräte. Das Chanoyu war eine nachdem unsere Kenntnis der ostasiatischen
zeremonielle Zusammenkunft weniger, gebildeter Kunsfschätze gründlicher geworden, war es
Männer, in besonderen zu diesem Zweck er- möglich, die Fehlkäufe zu vermeiden, an denen
bauten Gartenhäuschen. In diesen kleinen frühere, vom europäischen Standpunkt aus ange-
Gesellschaften sollten ausschließlich rein geistige legte Sammlungen so außerordentlich reich sind,
und ästhetische Fragen abgehandelt werden. Es ist nur zu hoffen, daß die reichen Schätze
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand das der jungen Sammlung recht bald dauernd der
gemeinsame Genießen einer Schale grünen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kön-
Pulvertees. Die Bereitung des Getränks geschah neu; denn nichts kann klärender auf unsere
in einem verwickelten Zeremoniell durch den eigenen Kunstverhältnisse wirken, als die Be-
Hausherrn selbst, der sich bemühte, durch die schäftigung mit einer Kunst, die unserer eige-
vollendete Schönheit aller zur Verwendung ge- nenen so fremd ist, daß ihr gegenüber all die
langenden Geräte die Gäste in Entzücken zu abgenützten Phrasen unseres Kunstjargons ihre
versetzen oder der, was auch wohl vorkommen Gefährlichkeit verlieren, um so mehr als uns
mochte, durch erlesenste Stücke ihren Neid zu Jahreszahlen und Namen der ostasiatischen
erregen suchte. Heißt es doch, daß selbst Kunstgeschichte heute noch Schall und Rauch sind
Kriege um den Besitz irgend eines besonderen und es hoffentlich noch lange bleiben werden.

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