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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Freye, Paul: Moderne Gartenarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0449

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ODERNE GARTENARCHITEKT worden. Die eigentliche Bedeutung des Garten-
TUR. VON GARTENARCHI^ baues liegt demnach heute auf ganz anderen

Gebieten wie vordem. Früher waren Park-
und Gartenanlagen fast ausschließlich Besitztum

TEKT PAUL FREyE.

Der Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts einiger Weniger, heute sind sie notwendige
hat uns die Wiedergeburt des Gartens gebracht. Stätten der Erholung für Viele, die in großen
Bereits in den letzten Dezennien vor seinem Städten wohnen und nach anstrengender Tätig-
Beginn setzte im Gartenbau eine lebhafte Strö- keit ihrer bedürfen. Diese mannigfaltigen Zweck-
mung gegen die Auswüchse einer entarteten bestimmungen, denen die gärtnerischen Anlagen
Romantik ein. Der unausbleibliche Kampf heute zu dienen haben, erfordern naturgemäß
zwischen dem Alten und dem Neuen endete ebenso reiche Darstellungs - Formen und Mög-
mit dem Siege des Angreifenden, denn er hatte lichkeiten.

das Recht und gute Waffen in Händen. Die Aber die Unerschöpflichkeit des Pflanzmaterials
alte Richtung huldigte dem sogenannten land- allein, um nur von einem zu reden, was dem
schaftlichen Prinzip. Eine reine Freude an der Gartenbau zur Verfügung steht, die ständig zu-
Natur, ein Sichverlieren im Beschauen war die nehmende Zahl der Neuzüchtungen, die unend-
nie versiegende Quelle, aus der ihre Jünger Heilen Kombinationsmöglichkeiten, bieten für
schöpften. jeden einzelnen Fall eine neue Form.

So entstanden die großen und großzügigen Und gerade der scheinbare Feind der Garten-
Parkanlagen von Pückler, Sckell und Lenne. kunst von ehedem, das Rein - Praktische, das
Für Anlagen von solchen Ausdehnungen ist Zweckmäßige, mußte der fruchtbare Boden für
auch heute noch die Natur die beste Lehr- ihre kraftvolle Wiederbelebung werden,
meisterin. In ihnen werden auch heute noch Aber noch ein anderes Gute hat diese
wald- oder hainartige Pflanzungen, Wiesen- Wiedergeburt des Gartens gezeitigt: das Zu-
und Wasserflächen von rein landschaftlichem sammenarbeiten des Architekten mit dem Garten-
Charakter einen wesentlichen Bestandteil bilden, architekten.

Die sozialen Forderungen unseres Jahrhun- Garten und Haus gehören von jeher zu-
derts jedoch haben der Gartenarchitektur ganz sammen, heute bei der intensiveren Raumaus-
neue Gebiete erschlossen und sie haben die nutzung und bei der klaren Zweckbestimmung
alten so erweitert, daß die Mittel zur Darstel- mehr denn je. Der Garten ist ohne Rücksicht-
lung sich bald als unzulänglich erwiesen. Im nähme auf den Charakter des Hauses einfach
Städtebau erwuchsen der Gartenarchitektur eine unmöglich. Bereits die allgemeine Anlage der
Anzahl von Aufgaben, die sich landschaftlich Hausräume und ihre Zweckbestimmung be-
schlechthin nicht lösen
lassen. Bei all diesen
Aufgaben, ob sie nun
größerer oder kleinerer
Art sind, ob sie öffent-
liche Park-, Sport-,
Spielplatz-, Kuranlagen,
Friedhöfe, Promenaden
oder Privatanlagen be-
treffen, sind eine Reihe
praktischer Bedürfnisse
zu berücksichtigen, bei
denen Zweckmäßigkeit
den Ausschlag gibt.

Die Ausdehnungs-
möglichkeit ist heute
im Vergleich zu frühe-
ren Zeiten sowohl bei
öffentlichen wie bei
privaten Anlagen be-
schränkt, das Bedürf-
nis nach richtiger
Ausnutzung einer ver-
hältnismäßig kleinen steinvase in einem Hamburger Vorgarten. Projektiert und ausgeführt

Fläche ist größer ge- schnackenberg & siebold, Gartenarchitekten d. W. B., Hamburg

von

die kunstwelt ii, 6

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