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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Freye, Paul: Moderne Gartenarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0463

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MODERNE GARTENARCHITEKTUR

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bei geeigneter Umgebung zu wunder-
voller Wirkung käme, durch eine grelle
Nachbarschaft vernichtet.

Die Verwendung und Anordnung der
Blume ist eins der schwierigsten Kapitel.
Es gibt eine Anzahl von Blumen, deren
eigenartige Form bereits vor Jahrhunderten
und Jahrtausenden der Ornamentik will-
kommene Gelegenheit zur Stilisierung bot.
Sei es nun, daß das Auge an diesen
Rhythmus gewöhnt ist, oder daß der
Blumenfreund aus der Naturbetrachtung
heraus den Stil der einzelnen Blüte
empfindet, die Wirkung gerade dieser in
der Einzelform hervorragendsten Blumen
ist bislang durch eine Komposition noch
nicht erhöht worden.

Nun haben die gärtnerischen Neuzüch-
tungen in den letzten Jahrzehnten eine
außerordentliche Vervollkommnung der
Blumen in Form, Farbenpracht und Blüh-
willigkeit erzielt, und man hat noch mit
einer steten Zunahme zu rechnen. For-
men- und Farbenreichtum werden immer
unermeßlicher. Man erinnert sich auch
der alten Gäste aus den Gärten der Bie-
dermeierzeit und findet, daß auch unter
ihnen eine große Anzahl hervorragend
schöner und charakteristischer Arten vor-
handen ist.

Wie auf dem Gebiete der Architektur,
insbesondere dem Landhausbau, der

ritterout Tralau, qartenpforte Villenkolonie und der Gartenstadt ist uns

Projektiert und ausgeführt von schnackenberg & siebold, England in vieler Beziehung auch im

Gartenarchitekten d.w.b., Hamburg j , u t_ -i ji ■ u

modernen Gartenbau vorbildlich gewesen,

eigenartiger Charakter sich unter den gegebenen Diese Anregungen sind von uns übernommen,

Verhältnissen am vorteilhaftesten entwickelt, soweit sie unseren Lebensbedingungen ent-

Auch die Wirkung der Gehölze in den ver- sprachen. Ihre weitere Ausgestaltung ist unser

schiedenen Jahreszeiten spielt eine große Rolle. Werk, sie entspricht unseren deutschen Landen.

Hier wird ein Gebiet berührt, welches von Und wie Lebensgewohnheiten und besonderer

gleich großer Bedeutung ist wie das Alter der Charakter einer jeden Gegend noch immer die

Pflanzen und ihre hierdurch bedingten verschie- Vorbedingung einer eigenartigen Darstellung

denen Erscheinungsformen: die Farbe im Garten. in der Kunst gewesen sind, so wird es sich

Der herrschende Grundton des grünen Laubes auch in Zukunft entwickeln,
enthält bereits alle nur möglichen Variationen, Die Siedelungen in der Umgebung der Groß-
jede einzelne Gattung besitzt so viele Nuancen, städte werden sich in ihrer allgemeinen Wirkung
daß schon bei Verwendung dieses Grundtones einheitlich gestalten, den jeweiligen Lebens-
ein sehr farbenprächtiges Bild sich zusammen- bedingungen und klimatischen Verhältnissen
stellen läßt. Dazu kommen die verschiedenen entsprechend. Für eine jede Gegend wird hier-
Abweichungen vom Grün, hauptsächlich das durch ein bestimmter Grundcharakter geschaffen
Rot, ferner die außerordentlich verschiedenen werden. Aber so unendlich, mannigfaltig das
Färbungen des Laubes zu den verschiedenen Material des Gartenbaus ist, so verschieden-
Jahreszeiten, die Farbe der Rinde, der Blüten artige Möglichkeiten gibt es in der Behandlung
selbst und endlich der Früchte. Die prachtvolle des einzelnen Gartens. Und wir werden so
Farbenskala verführt leicht, allzu reichlich auf- weit kommen, daß jeder seinen eigenen Garten
zutragen. Und doch muß gerade bei der Farben- hat, der ohne störend aus der Zusammenwirkung
wähl mit größter Umsicht verfahren werden. mit der Umgebung herauszufallen, dennoch eine
Wie leicht wird da das Zarte, Feine, welches besondere Ausdrucksform darstellt.

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