ALTER HOF IN BRÜGGE
HANS GERSOX
I_j Der junge Berliner Maler Hans Gerson,
von dessen Bildern wir hier einige seiner
talentvollsten veröffentlichen, holt sich seine Mo-
IN MALER FLANDERNS.
K
ULTURZERSTÖRER ALS KUL-
TURBRINGER. VON J. PHILIPP^
HEERGESELL.
Unsere Generation kommt aus einer trüben
tive gern aus jenen malerisch so dankbaren Ge- Zeit und befindet sich noch immer mitten in
genden, von denen einst der deutsche Impressi- einem bettelhaften Elend, das nur erträglich ist,
onismus, wenigstens in einigen seiner Haupt- weil es ihr nicht zum vollen Bewußtsein kommt,
führer, mit Vorliebe zehrte: aus Holland und Der Bettler selber kann ja niemals die ganze
Flandern. Dort, in weiten Ebenen, an den Ufern Misere seines erbärmlichen Daseins begreifen;
eines von Licht- und Luftwundem beglückten aber unbestimmte Seufzer, aus einer dunklen,
Meeres, in den alten Städten voll träumerischer Behag- unfaßbaren Unbefriedigtheit aufsteigend wie
lichkeit und von weltfernen Menschen bewohnt, ge- Blasen aus einem trüben Sumpf, entpressen
deiht dieser junge Künstler am besten. Sein Auge sich seiner Brust. So die Zeit aus der wir
sucht die vergessenen Winkel Brügges mit ihren herkommen, so, wenn auch schon um ein
Spitälern und Alteleutehäusern auf, es strebt die weniges besser, die Zeit, in der wir leben,
schwermütigen Akkorde der See in Farben umzu- Sprechen wir von der jüngsten Vergangenheit!
setzen und weiß Natur und Mensch in eine enge, Eine seltsame Zerfahrenheit, ein unsicheres,
vertraute Gemeinschaft zu bringen. Auch seine blindes Tasten nach nur erst geahnten ideellen
Hafenbilder haben eine leise Melancholie; er meidet Werten sind ihre Zeichen. Man hat diese
die lauten grellen Lichter, um dafür das heimlichere Zerfahrenheit mit dem unschönen Wort „schnell-
Leben dieser Landschaften und die geheimnisreiche lebig" bezeichnet, weil man die Epoche, der
Sprache des Meeres einzufangen. Es ist nicht Alles man dieses Prädikat aufdrückte, von Tag zu
fertig an ihm, aber sein Streben nach innerer male- Tag nach neuen Werten greifen sah, während
rischer Vertiefung des Geschauten ist unverkennbar die kaum erst ergiffenen als falsch erkannt und
und verheißt viel für seine Entwicklung. -z. verächtlich beiseite geworfen wurden. Früher
398
HANS GERSOX
I_j Der junge Berliner Maler Hans Gerson,
von dessen Bildern wir hier einige seiner
talentvollsten veröffentlichen, holt sich seine Mo-
IN MALER FLANDERNS.
K
ULTURZERSTÖRER ALS KUL-
TURBRINGER. VON J. PHILIPP^
HEERGESELL.
Unsere Generation kommt aus einer trüben
tive gern aus jenen malerisch so dankbaren Ge- Zeit und befindet sich noch immer mitten in
genden, von denen einst der deutsche Impressi- einem bettelhaften Elend, das nur erträglich ist,
onismus, wenigstens in einigen seiner Haupt- weil es ihr nicht zum vollen Bewußtsein kommt,
führer, mit Vorliebe zehrte: aus Holland und Der Bettler selber kann ja niemals die ganze
Flandern. Dort, in weiten Ebenen, an den Ufern Misere seines erbärmlichen Daseins begreifen;
eines von Licht- und Luftwundem beglückten aber unbestimmte Seufzer, aus einer dunklen,
Meeres, in den alten Städten voll träumerischer Behag- unfaßbaren Unbefriedigtheit aufsteigend wie
lichkeit und von weltfernen Menschen bewohnt, ge- Blasen aus einem trüben Sumpf, entpressen
deiht dieser junge Künstler am besten. Sein Auge sich seiner Brust. So die Zeit aus der wir
sucht die vergessenen Winkel Brügges mit ihren herkommen, so, wenn auch schon um ein
Spitälern und Alteleutehäusern auf, es strebt die weniges besser, die Zeit, in der wir leben,
schwermütigen Akkorde der See in Farben umzu- Sprechen wir von der jüngsten Vergangenheit!
setzen und weiß Natur und Mensch in eine enge, Eine seltsame Zerfahrenheit, ein unsicheres,
vertraute Gemeinschaft zu bringen. Auch seine blindes Tasten nach nur erst geahnten ideellen
Hafenbilder haben eine leise Melancholie; er meidet Werten sind ihre Zeichen. Man hat diese
die lauten grellen Lichter, um dafür das heimlichere Zerfahrenheit mit dem unschönen Wort „schnell-
Leben dieser Landschaften und die geheimnisreiche lebig" bezeichnet, weil man die Epoche, der
Sprache des Meeres einzufangen. Es ist nicht Alles man dieses Prädikat aufdrückte, von Tag zu
fertig an ihm, aber sein Streben nach innerer male- Tag nach neuen Werten greifen sah, während
rischer Vertiefung des Geschauten ist unverkennbar die kaum erst ergiffenen als falsch erkannt und
und verheißt viel für seine Entwicklung. -z. verächtlich beiseite geworfen wurden. Früher
398