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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Piranesi, C. B.: Ansicht der Conocchia. Ein antikes Grabmal an der Via Apia. Ätzung von C.B. Piranesi
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0498

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Der zierliche Bau*) besteht aus drei verschieden
hohen Stockwerken, einem breiteren quadrat-
ischen Unterbau und einem schmäleren runden
Oberbau. Diese Verbindung ist typisch für
römische Grabmäler. Sie kommt am Grabmal
der Cacilia Metella und ähnlich schon am
Lysicrates-Denkmal in Athen und am Tropäum
Augusti bei Monaco vor. Baukern wie Deko-
rationen des Grabmals bestehen fast völlig aus
Backstein. Nur einige besonders vom Druck
in Anspruch genommene Glieder, wie die Säulen-
füße und -Köpfe waren aus härterem Stein, die
Innenräume wieauch einige Bauglieder desÄußeren
mit Marmorstuck bekleidet. Jedem Stockwerk
entspricht im Innern eine gewölbte kreisrunde
Kammer mit Nischen für Aschenurnen. Nach
Beschreibungen des 18. Jahrhunderts soll das
Dach die Form einer gestuften Pyramide gehabt
haben, (nach andern die einer Halbkugel).
Doch war die Bekrönung wahrscheinlich eine
verkleinerte Wiederholung des obersten Ge-
schoßes, wie es auch an einem anderen Grabmal
bei Capua, das wir aus einem Stich jener Zeit
kennen, der Fall war.

Das unterste Stockwerk von etwa 3 lk Meter
Höhe (auf der der Straße abgewandten Seite etwa
4 V2 Meter) hatte einen Eingang von der Straße
her und innen wie außen zwölf Nischen. Da
es von Hirten, Bauern und Reisenden, die hier
ihren Unterschlupf suchten, sehr zu leiden hatte,
ist es bedenklich unterhöhlt und der Eingang
weit aufgerissen worden. Um das Denkmal
vor gänzlichem Einsturz zu bewahren, ist es
noch im 18. Jahrhundert von König Ferdinand IV.
allerdings ungenau wiederhergestellt worden.
Eine Marmorinschrift belehrt uns darüber. Das
zweite Stockwerk von etwa 6 Meter Höhe mit
seiner reichgestalteten Architektur, je eine Aedicula

*) Er ist in Wirklichkeit etwas schlanker, wie Piranesi ihn
wiedergibt, der Unterbau ladet nicht ganz breit aus.

von Flachnischen flankiert, die weit hinein-
springt, den Kanten dicke dorische Dreiviertel-
säulen vorgesetzt, ist auf der Ätzung klar zu
erkennen. In den Nischen standen wahrschein-
lich Götterbilder oder Bildnisstatuen berühmter
Mitglieder der das Grabmal besitzenden Familie.
Das dritte Stockwerk endlich in Form eines
schlanken Rundtempelchens mit Scheinportikus
von ungefähr 5 Meter Höhe springt weit zurück
und ist von acht Halbsäulen von großer
Schlankheit umgeben, zwischen denen Flach-
nischen angebracht sind.

Der kraftvolle malerische Vortrag, die Modellie-
rungen durch Gegensätze von Licht- und
Schattenpartien lassen das Denkmal höher und
mächtiger erscheinen als es in Wirklichkeit ist,
und doch sollte man sich über seine Höhe
nicht täuschen können, wenn man es mit den
bekannten Grotesken-Figuren an seinem Fuße
vergleicht. Die tiefen Schlagschatten, der
knorrige Baum vorn, die schmalen Ausblicke
links und rechts auf die hellbeschienene ferne
Ebene wie die starke Hintersicht tragen mit zu
dieser Steigerung ins Gewaltige bei. Wer mit
der hier gewonnenen Vorstellung vor das Bau-
werk tritt, das heute seit seiner Restauration
unter König Ferdinand allerdings nicht mehr
diesen malerisch ruinösen Charakter zeigt, dürfte
enttäuscht sein, und sich fragen, wie überhaupt
Piranesi sich zu dieser Abbildung veranlaßt
sah. Doch galt es im 18. Jahrhundert für eines
der best erhaltenen und größten antiken Grab-
mäler jener Gegend.

Piranesi machte seine Zeichnung wohl auf
einer Reise nach Pompeji und Pästum im Jahre
1777 (im Katalog der Calcographie Piranesi ist
es ins Jahr 1776 datiert). Die Ätzung zeigt
den fleißigen minutiösen und zugleich breiten
und kühnen Vortrag der letzten Lebensjahre
des Meisters.

Umstehende Abbildung ist eine verkleinerte Wiedergabe einer Ätzung Piranesis. Sie erscheint in der neuen
Lieferung der von der Firma Weise 'S) Co. herausgegebenen „Vedute di Roma" in originalgetreuer Wieder^
gäbe. Dieses ist wohl das bedeutendste graphische Werk, das jin [außergewöhnlich großem Format
Ansichten vom alten und neuen Rom bringt. Der Verlag Weise ^cD Co. hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses
Werk in mustergültiger Form herauszugeben. Der Text, dessen Verfasser Dr. A. Giesecke ist, ist in einer der
Bedeutung des Werkes entsprechenden, zugleich gemeinverständlichen Form abgefaßt, er wird knapp und klar
die wichtigsten geschichtlichen Nachrichten über die Bauten und, soweit dies notwendig, ergänzende Bemerkungen
über Lage, Bauweise und Bautechnik enthalten. In einzelnen Fällen wird zur Unterstützung der Vorstellung ein
Grundriß beigegeben. Auf vielfachen Wunsch sollen auch Literaturangaben gemacht werden.

Der außerordentlich niedrige Preis des 137 Großfolio =Tafeln umfassenden Werkes stellt sich für Subskribenten
auf 5 M. für die Tafel, das Einzelblatt kostet 8 M., Vorzugsdrucke auf Kaiserlich Japan 12 M. (für Subskribenten
10 M.>. Ausführliche Prospekte versendet der Verlag kostenlos.
 
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