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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Langhammer, Carl: Die Freiheitskriege in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0524

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DIE FREIHEITSKRIEGE IN DER KUNST

Tauroggen ein Übereinkommen mit dem russi-
schen General Diebitsch ab, nachdem er sich
mit seinem Korps von den Franzosen getrennt
und den Russen den Weg freigegeben hatte.

Und nun flammte jene opferwillige Begeisterung
des ganzen Volkes auf, die wohl beispiellos ist
in ihrer Gewalt und Nachhaltigkeit; sie wird
eins der stolzesten Ruhmesblätter der preußischen
Geschichte bleiben. Und sie spiegelt sich treu
in der bildenden Kunst; zwar noch nicht in
den nächsten Jahren nach dem Kriege; die
Opfer und die vollkommene Verarmung waren
zu groß gewesen. Als aber dann der Bienen-
fleiß des Volkes anfing, wieder Werte zu
sammeln, da begannen auch die Künstler ihrer
Begeisterung für die Taten der großen Zeit
Gestalt zu verleihen, das ganze Jahrhundert lang,
bis heute, hat das nicht aufgehört: Wir sehen,
wie jede Schaar der Freiwilligen, die ja überall
aufstanden und sich einreihen ließen, zuerst in
die Kirchen strömte und Gottes Segen erbat
zum heiligen Werke; wir sehen auf anderen
Bildern, wie jeder sein letztes Scherflein beitrug,
um die Kriegskassen zu füllen; Frauen, die
nichts andres hatten, opferten ihr Haar, wie

Ferdinande von Schmettau; die goldenen Ehe-
ringe tauschte man ein gegen eiserne, die heut
noch mit ihrer Inschrift „Gold gab ich für Eisen"
eine ehrfurchtheischende Kostbarkeit in den
Familien sind, die sie aufbewahren.

Wir sehen aber auch so echt deutsche aus
rührend gutem Herzen stammende Szenen, wie
die der „Kinder von Bunzlau". Wir sehen, wie
York in begeisternder Rede in Ostpreußen die
Stände aufruft. Wir sehen, wie die Lützower
Freischärler ihren Körner in die Erde betten
müssen. Wir sehen aber auch, wie auf des
Königs Aufruf „An mein Volk" „alle, alle
kamen". Die gewaltigen Kämpfe sehen wir
geschildert, namentlich Leipzig und Belle Alliance
und Napoleons vollkommenen Zusammenbruch.
Man kann sich eines Schauers nicht erwehren
vor dem Bilde Orchardsons, das den Riesen
nun als Gefangenen der Engländer auf dem
„Bellerophon" zeigt. Einsam, verlassen von den
Millionen, die ihm ehemals zujauchzten.

Alle diese Bilder haben etwas gemeinsames:
Man vergißt, auf die Qualität der Malerei, auf
den Kunstwert des Werks zu achten und läßt
sich gefangen nehmen durch den Gegenstand.

IN DER GRIMMAISCHEN VORSTADT ZU LEIPZIG ALTE KOLORIERTE LITHOGRAPHIE, DATIERT 1815

(Original im Besitz der Kunsthandlung Hollstein u. Puppel, Berlin W. 15)

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