Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

DOI Artikel:
Boehn, Max von: Kunst und Kunstgewerbe vor Hundert Jahren
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0558

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
K

UNST UND KUNSTGEWERBE mag. Öffentliche aller Welt zugängliche Samm-

VOR HUNDERT JAHREN, hangen, von Fachleuten veranstaltete Führungen

VON MAX VON BOEHN. und VorträSe und ein riesiges Material guter

Reproduktionen vereinen sich in unseren Tagen,
Der Umschwung, der sich im Laufe des um die Kenntnis von der Kunst jedem zu ver-
19. Jahrhunderts in den Anschauungen vom mittein, der Verlangen nach ihr trägt. So
Wesen der Kunst vollzog, ist nicht minder gleicht der äußere Betrieb des Kunstwesens
groß, als die Umwälzung, welche im Betriebe heute einem Jahrmarkt, auf dem die Masse sich
derselben eingetreten ist. Versuchen wir uns mit lautem Geschrei heftig durcheinander drängt
um rund 100 Jahre zurückzuversetzen, etwa in und der hitzige Streit der Meinungen jeden
die Zeit, welche dem Untergang der großen Augenblick in Tätlichkeiten auszuarten droht.
Armee folgte, und vergessen wir die Entwick- In allem aber manifestiert sich ein eilig und
lung der Kunst in dem folgenden Säkulum, so rastlos schaffendes Leben, eine Tätigkeit, die
werden wir das Gefühl haben, uns im Gegen- immer nach vorwärts drängt und eine An-
satz zu heute in völliger Einsamkeit zu be- schauung, die unbeirrt von Tradition und Über-
finden. Unübersehbar ist allein schon seit der lieferung offenen Auges um sich blickt.
Vervollkommnung der photomechanischen Re- Nichts von alledem finden wir vor hundert
Produktionsverfahren die Literatur angewachsen, Jahren. Öffentliche Galerien existierten, nehmen
welche von und über die schönen Künste wir einzig Italien aus, nur in außerordentlich
handelt. Die kunsthistorischen Handbücher, geringer Zahl und waren wie diejenigen in
Leitfaden und Monographien, wissenschaftliche Dresden, Wien und München dem allgemeinen
und populäre, sind eben so zahlreich wie die Besuche nur in sehr beschränkter Weise zu-
Veröffentlichungen über das Schaffen der gänglich, hatte doch z. B. in Dresden der Di-
Lebenden. Die Tagespresse widmet allen rektor, der die Besucher selbst führte, als Dank
Fragen, welche Kunst und Künstler betreffen, ein Goldstück zu erwarten. Nur in Paris war
ein lebhaftes Interesse, und neben ihr schwillt das noch in der Entfaltung begriffene Musee
die Flut der Fachzeitungen zum Ozean, den Napoleon allerdings eine künstlerische Bildungs-
der Einzelne gar nicht mehr zu übersehen ver- anstalt allergrößten Stils. Die hier vereinigten,

ENTWURF ZU EINEM ROLLBUREAU FÜR DAS MOBILIAR NAPOLEONS

466

PERCIER UND FONTAINE
 
Annotationen