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Kersten, Paul: Aus der Werkstatt des Künstlers: neuzeitliche Buchbindekunst
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0654
NEUZEITLICHE BUCHBINDEKUNST
sehen Verzierungstechniken des Buchbinders,
die in Handvergoldung, Ledermosaik, Leder-
intarsia, Ledermarmorier- und Beiztechnik und
in Lederziselier und Punztechnik, auch Leder-
schnitt genannt, bestehen. Ganzleder-Einbände,
mittels einer oder mehrerer dieser Handtechniken
nach besonderem Entwurf dekoriert, sind soge-
nannte „Künstlerische Bucheinbände", Reliures
d'art in Frankreich und Art-Bookbindings in
England genannt.
Während ich, nach dem Beispiele der Eng-
länder und Franzosen den Begriff: „Künstleri-
scher oder Kunsteinband" eng umgrenzt haben
möchte, nehmen manche Künstler und Kunst-
gelehrte einen anderen Standpunkt ein, sie sagen,
daß ein in Massen fabrikmäßig hergestellter Ver-
legereinband, dessen Entwurf von einem Künstler
stamme, auch ein „Künstlerischer Bucheinband,
sei, es brauche nicht nur ein mit Handvero-olduntr
' OD
dekorierter handgefertigter Einband als solcher
zu gelten. Das ist eine irrige Auffassung, diese
Herren vergessen, daß zur Vollendung eines
kunstgewerblichen Gegenstandes, wie es ein künst-
lerischer Bucheinband ist, nicht allein gute Ge-
schmacksanwendung und sicheres Farbengefühl
gehört — diese beiden Faktoren stempeln das
Objekt wohl zu einem geschmacklich guten, aber
noch lange nicht zu einem künstlerischen — son-
dern auch die Anwendung einer kunstgewerb-
lichen Technik und, darin inbegriffen, die Schaf- EINBAND in schwarz gebeiztem Schweinsleder, die Kreise gelb-grün
fung eines Dekorationsmotives für das Objekt: paul KER t
den Entwurf. Leinenbände, wie es die Verleger- Die Herstellung solcher künstlerischerVerzierung,
bände vorwiegend sind, können niemals als kunst- die ein sehr kunstgeübtes Auge und ebensolche
gewerbliche Objekte gelten, es fehlt diesen Bänden Hand erfordert, ist in kurzen Umrissen folgende:
nicht allein der dauerhafte Lederüberzug, das Von der für den Einband entworfenen Zeichnung
edle Material, sondern auch die kunstgewerbliche wird eine Pause gefertigt, die auf dem bereits
Technik des Buchbinders: die Handvergoldung. mit Leder bezogenem Buche befestigt wird.
Ganz treffend schreibt Prof. Dr. Ree in seinem Hierauf werden alle Linien und Ornamente mit
Buche „Die Grundlagen kunstgewerblicher Schön- den entsprechenden Werkzeugen durch die Pause
heit": „Durch den Handwerker empfängt ein durchgedruckt. Als Werkzeuge zum Handvergol-
Gegenstand seinen realen Charakter, der Kunst- den dienen Rollen, Fileten, Stempel und der
handwerker aber gibt ihn sein ideales Gepräge. sogenannte Bogensatz. Diese Werkzeuge sind
Die Mittel dazu sind: Die Materialveredelung aus Messing, besser Rotguß graviert und in einem
und der ornamentale Schmuck." — Die edlen hölzernen Griff befestigt. Der Bogensatz besteht
Materialien des Buchbinders sind: Maroquin und aus ca. 30 verschiedenen Bogenlinien, die nach
Saffian (beides Ziegenleder, das erstere ein grob- Kreissegmenten von einem kleinsten Radius von
narbiges festes Produkt der Kapziege, das letztere 2 mm anfangend, steigend bis zu 200 mm Radius
kleinnarbiges Ziegenleder), ferner Kalb- und gefertigt werden. Mit diesen Werkzeugen, die
Schweinsleder und Kalb- und Ziegenpergament. über einer Gas- oder Spiritusflamme erhitzt
Künstlerische Bucheinbände sind also solche werden, wird die Zeichnung ihren Konturen ent-
Einbände, die in einem dauerhaften Material, wie sprechend durchgedruckt. Bei Ledermosaiken
es Leder und Pergament ist, gebunden sind und werden die Ornamente mittels eines kleinen
die unter Anwendung der buchbinderischen Ver- spitzen Messerchens aus farbigem, so dünn wie
zierungstechniken: Handvergoldung, Ledermosaik Seidenpapier gearbeiteten Leders ausgeschnitten
und dergl. mit größter Akkuratesse, bestem Ge- und der vorgedruckten Zeichnung entsprechend
schmack und künstlerischem Verständnis herge- auf das Leder aufgeklebt. Nachdem alles vor-
stellt und nach besonderer, für das betreffende gedruckt ist, werden alle Linien und Stempel mit
Buch gefertigter Zeichnung dekoriert sind. verdünntem Eiweiß ausgepinselt, nach dem Trock-
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sehen Verzierungstechniken des Buchbinders,
die in Handvergoldung, Ledermosaik, Leder-
intarsia, Ledermarmorier- und Beiztechnik und
in Lederziselier und Punztechnik, auch Leder-
schnitt genannt, bestehen. Ganzleder-Einbände,
mittels einer oder mehrerer dieser Handtechniken
nach besonderem Entwurf dekoriert, sind soge-
nannte „Künstlerische Bucheinbände", Reliures
d'art in Frankreich und Art-Bookbindings in
England genannt.
Während ich, nach dem Beispiele der Eng-
länder und Franzosen den Begriff: „Künstleri-
scher oder Kunsteinband" eng umgrenzt haben
möchte, nehmen manche Künstler und Kunst-
gelehrte einen anderen Standpunkt ein, sie sagen,
daß ein in Massen fabrikmäßig hergestellter Ver-
legereinband, dessen Entwurf von einem Künstler
stamme, auch ein „Künstlerischer Bucheinband,
sei, es brauche nicht nur ein mit Handvero-olduntr
' OD
dekorierter handgefertigter Einband als solcher
zu gelten. Das ist eine irrige Auffassung, diese
Herren vergessen, daß zur Vollendung eines
kunstgewerblichen Gegenstandes, wie es ein künst-
lerischer Bucheinband ist, nicht allein gute Ge-
schmacksanwendung und sicheres Farbengefühl
gehört — diese beiden Faktoren stempeln das
Objekt wohl zu einem geschmacklich guten, aber
noch lange nicht zu einem künstlerischen — son-
dern auch die Anwendung einer kunstgewerb-
lichen Technik und, darin inbegriffen, die Schaf- EINBAND in schwarz gebeiztem Schweinsleder, die Kreise gelb-grün
fung eines Dekorationsmotives für das Objekt: paul KER t
den Entwurf. Leinenbände, wie es die Verleger- Die Herstellung solcher künstlerischerVerzierung,
bände vorwiegend sind, können niemals als kunst- die ein sehr kunstgeübtes Auge und ebensolche
gewerbliche Objekte gelten, es fehlt diesen Bänden Hand erfordert, ist in kurzen Umrissen folgende:
nicht allein der dauerhafte Lederüberzug, das Von der für den Einband entworfenen Zeichnung
edle Material, sondern auch die kunstgewerbliche wird eine Pause gefertigt, die auf dem bereits
Technik des Buchbinders: die Handvergoldung. mit Leder bezogenem Buche befestigt wird.
Ganz treffend schreibt Prof. Dr. Ree in seinem Hierauf werden alle Linien und Ornamente mit
Buche „Die Grundlagen kunstgewerblicher Schön- den entsprechenden Werkzeugen durch die Pause
heit": „Durch den Handwerker empfängt ein durchgedruckt. Als Werkzeuge zum Handvergol-
Gegenstand seinen realen Charakter, der Kunst- den dienen Rollen, Fileten, Stempel und der
handwerker aber gibt ihn sein ideales Gepräge. sogenannte Bogensatz. Diese Werkzeuge sind
Die Mittel dazu sind: Die Materialveredelung aus Messing, besser Rotguß graviert und in einem
und der ornamentale Schmuck." — Die edlen hölzernen Griff befestigt. Der Bogensatz besteht
Materialien des Buchbinders sind: Maroquin und aus ca. 30 verschiedenen Bogenlinien, die nach
Saffian (beides Ziegenleder, das erstere ein grob- Kreissegmenten von einem kleinsten Radius von
narbiges festes Produkt der Kapziege, das letztere 2 mm anfangend, steigend bis zu 200 mm Radius
kleinnarbiges Ziegenleder), ferner Kalb- und gefertigt werden. Mit diesen Werkzeugen, die
Schweinsleder und Kalb- und Ziegenpergament. über einer Gas- oder Spiritusflamme erhitzt
Künstlerische Bucheinbände sind also solche werden, wird die Zeichnung ihren Konturen ent-
Einbände, die in einem dauerhaften Material, wie sprechend durchgedruckt. Bei Ledermosaiken
es Leder und Pergament ist, gebunden sind und werden die Ornamente mittels eines kleinen
die unter Anwendung der buchbinderischen Ver- spitzen Messerchens aus farbigem, so dünn wie
zierungstechniken: Handvergoldung, Ledermosaik Seidenpapier gearbeiteten Leders ausgeschnitten
und dergl. mit größter Akkuratesse, bestem Ge- und der vorgedruckten Zeichnung entsprechend
schmack und künstlerischem Verständnis herge- auf das Leder aufgeklebt. Nachdem alles vor-
stellt und nach besonderer, für das betreffende gedruckt ist, werden alle Linien und Stempel mit
Buch gefertigter Zeichnung dekoriert sind. verdünntem Eiweiß ausgepinselt, nach dem Trock-
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