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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Kersten, Paul: Aus der Werkstatt des Künstlers: neuzeitliche Buchbindekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0659

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NEUZEITLICHE BUCHBINDEKUNST

EINBAND in grün Kalbleder PAUL KERSTEN

war nicht vergeblich, sie erweckte wieder einen
kräftigen Farbensinn.

Die dritte Periode, die heutige Zeit umfassend,
datiert seit 1896/97. Wie im übrigen Kunst-
gewerbe, so auch beim Bucheinband, kam die
neue Stilbewegung aus England; von den deut-
schen Buchbindern damaliger Zeit wurde sie
mit spärlichen Ausnahmen nicht erkannt. Auf
der Leipziger Gewerbeaussteilung 1897 konnte
man die ersten deutschen Kunsteinbände im
modernen Stil betrachten, sie waren das Werk
eines einzelnen, der das Werden eines neuen
Stiles zeitig erkannte und sie erregten allgemeines
Interesse. Seit dieser Zeit haben sich naturgemäß
die Dekorationsmotive ganz anders gestaltet, sie
sind gereifter, edler, konstruktiver geworden. Heute
haben sich alle deutschen Meister des Buch-
einbandes dem zeitgemäßen Stilempfinden an-
geschlossen. Ein weiterer Fortschritt der deut-
schen Einbandkunst besteht darin, daß man über-
all den Qualitätswert bei Material und Technik
erkannt hat, man versteht die Täuschungen der
Technik (falsche Bünde, angeklebtes Kapitalband)
zu vermeiden, man wendet wieder echte edle
Materialien an und verbannt alle Imitationen:
der Qualitätswert wird wieder richtig eingeschätzt.
Daß die deutsche Kunstbuchbinderei diese hohe
Stufe wieder erreicht hat, ist zunächst den be-

treffenden Ministerien Preußens, Sachsens und
des Hamburgischen Staates zu verdanken, die
durch Errichtung besonderer Klassen für Kunst-
buchbinderei strebsamen Fachleuten die Mittel
zur höchsten künstlerischen und technischen Aus-
bildung boten und als Lehrkräfte die befähigsten
Fachleute beriefen. Zur weiteren Hebung der
deutschen Kunstbuchbinderei haben ferner die-
jenigen Firmen beigetragen, die sich mit bekannten
Künstlern in Verbindung setzten, um sich von
diesen Entwürfe für ihre Ganzlederbände fertigen
zu lassen. Es ist klar, daß das Zusammenarbeiten
des Handwerkers mit dem Künstler von eminenter
Bedeutung für die Qualität der kunsthandwerk-
lichen Erzeugnisse ist. Natürlich muß auch an-
erkannt werden, daß es durch die Tätigkeit unserer
Fachklassen und einiger unserer guten Fach-
zeitungen besser geworden ist, wir haben eine
ganze Anzahl Meister, die technisch einwandfreie
und geschmacklich höchst anständig dekorierte
Einbände liefern. Auch das Interesse für ernte

O

Einbände und die Zahl der Einbandfreunde hat
seit etwa 10 bis 12 Jahren zugenommen; es macht
sich endlich Verständnis für künstlerische Buchein-
bände in Deutschland mehr und mehr bemerkbar.
Man schätzt sie jetzt ebenso ein wie in England
und Frankreich schon immer, als Objekte dekora-
tiver Kunst — das ist das Erfreuliche.

EINBAND in braun Maroquin poli PAUL KERSTEN

Unberechtigter Nachdruck aus dem Inhalt dieser Zeitschrift ist untersagt. — Übersetzungsrecht vorbehalten.
Verantwortlicher Schriftleiter: FELIX LORENZ, Berlin-Wilmersdorf. - Verlag: WEISE & CO., Berlin W. 62.
Druck: KREY U. SOMMERLAD, Niedersedlitz-Dresden.
 
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