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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Lenz-Boeniger, Karl: Die grosse Kunstausstellung Düsseldorf 1913
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Wilde, Oscar: Gedanken über Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0778

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DIE GROSSE KUNSTAUSSTELLUNG DÜSSELDORF 1913

DIE BLINDE. KERAMIK PAUL Q. HÜTTIG

treten. Es ist kein Rächer da — aber wir
wollen doch wenigstens hoffen, daß die neue
Sezession, d.h. die Tüchtigkeiten auf der anderen
Hälfte bei ihrer nächsten Berliner Herbst-
ausstellung sich von den wütigen Fanatikern
der abstrusen Linie und Farbe frei zeigt.

Gedenkt man noch der feinen, ehrlichen
Weimaraner und ihrer Schule oder der Stuttgarter
mit Schmoll v. Eisenwerth, so ist wohl
alles von Bedeutung genannt. Im Verhältnis
zu ihrer guten Gesamterscheinung gesehen, wirkt
es nur bedauerlich, daß die Düsseldorfer sich
in der Architektur gar zu sehr beschränkten.
Wo so tüchtige Baukünstler wie Breuhaus,
vom Endt, H. Goerke, Kleesattel sen., Niebel,

Schneider, Sing, Stahl, Wöhler tätig sind, darf
man den Rahmen schon etwas weiter spannen.
Freilich, Architektur ist ein schlechtes Ausstel-
lungsobjekt. . . .

Jedenfalls ist die ganze Düsseldorfer Kunst-
schau wieder eine beredte Äußerung des leb-
haften Rheinischen Kunstlebens.

Karl Lenz-Boeniger.

GEDANKEN ÜBER KUNST.

Von Oscar Wilde.*)

In der Kunst gibt es keine allgemeine Wahr-
heit. Eine Wahrheit in der Kunst ist etwas,
dessen Umkehrung ebenso wahr ist.

*

Die Kunst zu offenbaren, den Künstler zu
verbergen, das ist das Ziel der Kunst.

Die Kunst stellt nichts dar außer sich selber.

Die einzig wirklich schönen Dinge sind die,
die uns nichts angehn. Gerade weil uns Hekuba
nichts angeht, bilden ihre Leiden einen so herr-
lichen Gegenstand der Kunst.

Das wahre Geheimnis der Welt lie°;t im
Sichtbaren, nicht im Unsichtbaren.

*

Daß ein Künstler ein Giftmörder ist, sagt nichts
gegen seine Prosa. Häusliche Tugenden gehen
die Kunst nichts an, wenn sie auch Künstlern
zweiten Ranges zur Empfehlung gereichen mögen.

Alles was wirklich vorfällt, ist für die Kunst
verloren. Alle schlechte Dichtung kommt aus
echtem Gefühl. Natürlich sein, heißt allzu ver-
ständlich sein, und allzu verständlich sein, heißt
unkünstlerisch sein.

Man kann die Kunst auf doppelte Weise
hassen: einmal indem man sie haßt. Und dann:
indem man sie in den Grenzen der Vernunft
liebt.

Durch die Kunst und nur durch die Kunst
werden wir vollkommen. Die Kunst und nichts
als die Kunst kann uns vor den schmutzigen
Gefahren des Lebens schützen.

*

*) Aus dem soeben in der Inselbücherei (Inselverlag, München)
erschienenen Bändchen ..Lehren und Sprüche" von Oscar Wilde,
worin Franz Blei eine Auswahl der Aphorismen des geistvollen
englischen Dichters vortrefflich übersetzt nud zusammengestellt hat.

Die Schriftleitung.

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