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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Schmidt, Robert: Altbrandenburgische Gläser
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0784

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Abb. 1. STANGENGLAS, gerissen und kalt bemalt. G rimnitz 1604
DIE KUNSTWELT II, 10

ALTBRANDENBURGISCHE GLÄ-
SER. VON ROBERT SCHMIDT.

Die Musen und Grazien sind dem sterilen
märkischen Boden und dem nüchternen Sinne
seiner Bewohner nie sonderlich hold gewesen.
Die hohe Kunst hat erst im 18. Jahrhundert einige
geniale Vertreter hier gefunden, und wenn man
von altem märkischen Kunstgewerbe spricht, so
fällt dem NichtSpezialisten gewöhnlich nach längerem
Besinnen als einziges die Berliner Porzellan-
manufaktur ein. Und auch bei dieser pflegt
dann prompt der Zusatz zu kommen, daß sie mit
der Meißner und den süddeutschen Fabriken doch
keinesfalls in Konkurrenz treten könne. Allen-
falls läßt man noch das Potsdamer Rokoko gelten,
diese in der Einrichtung der Potsdamer Bauten
Friedrichs des Großen zu Tage tretende, höchst
eigenartige Stilisierung der in Frankreich geborenen

OD O O

dekorativen Gedanken, und wenn man dann noch
einige Meriten der Berliner Goldschmiedekunst
und Gobelinweberei zugegeben hat, so glaubt man
ein übriges getan zu haben.

Von der Manufaktur, die auf ihrem eigenen
Gebiet vielfach Besseres geleistet hat, als alle
übrigen deutschen Fabriken, von der Potsdamer
Glashütte, wußte man bisher so gut wie nichts.
Höchstens erinnerte man sich dunkel der Tradition,
daß Kunckel auf der Pfaueninsel das Rubinglas
erfunden habe. Überhaupt: Glas! Die Sammel-
leidenschaft hat sich bisher nur selten dem Glase
zugewandt; hinter dem bodenlos verhätschelten
Porzellan hat es immer wie ein Stiefkind im
Schatten stehen müssen. Gewiß, man kannte
und schätzte seit langem wohl auch die vornehm
delikaten Erzeugnisse der venezianischen Renais-
sancebotegen; man wußte, daß vornehmlich die
Hüttendes Riesengebirges im 18. Jahrhundert zierlich
geschnittene und geschliffene Gläser hervorge-
bracht haben, aber weiter gingen die Kenntnisse
gewöhnlich nicht. Erst die in letzter Zeit mehr
und mehr einsetzende Spezialforschung hat die
Erkenntnis gebracht, daß in vielen deutschen
Gegenden Glashütten standen, die Werke von
höchster technischer und künstlerischer Feinheit
hergestellt haben. Und unter diesen ist die
Potsdamer Hütte eine der hervorragendsten.

Es blieb einer vor Kurzem veranstalteten
Ausstellung des Berliner Kunstgewerbe-Museums
vorbehalten, die märkische Glaskunst in die
Geschichte des Kunstgewerbes einzuführen, in
der sie den ihr gebührenden Platz nun wohl für
immer behalten wird. An 400 Pokale waren
hier vereinigt, aus deutschen Privatsammlungen
und Museen, vor allem aber aus den Beständen
der Königlichen Schlösser und aus dem Besitz
mehrerer deutscher Bundesfürsten, um ein an-
schauliches und geschlossenes Bild zu geben von

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