GRIECHISCHE KUNSTWERKE VOM MEERESGRUNDE
Dank der besonders generösen Freigebigkeit Trinkschalen mit bacchischen Szenen. Ferner
und der Subventionen des französischen Gou- kostbare Bronzen: Hohe Lampen auf Säulen,
vernements, des Gouvernements Tunesien, der Götterbüsten, Masken, Greife, Hausgeräte etc.
Akademie der Wissenschaften und Künste und Aber unter allen diesen Funden in Bronze sind
der Verwaltung der tunesischen Altertümer besonders unvergleichlich: Eine Statue des Eros,
wurden die Ausgrabungen jedes Jahr zur gün- eine Herme des Dionysos, zwei Gesimsteile in
stigen Jahreszeit fortgesetzt. Bronze, welche die schönen Halbbüsten der
Die Nachforschungen bewiesen, daß auf dem Ariadne und des Dionysos tragen; endlich zahl-
Grunde des Meeres ein am Pic gestrandetes reiche Statuetten, darunter sieben von großer
antikes Schiff lag, dessen Ladung sich haupt- Dimension und vollkommener Erhaltung,
sächlich aus Marmorwerken und Bronzen zu- Alle diese Werke fordern nach ihrem Um-
sammensetzte. Außerdem entdeckte man auf fange, ihrer künstlerischen Schönheit und nach
dem Schiff etwa sechzig Säulen von sechs ver- ihrer Bedeutung für die griechische Geschichte
schiedenen Ordnungen. — ungeachtet der vielfach erlittenen Zerstörung
Man fand dann während der langen und und nachdem sie auf dem Grunde des Meeres
mühseligen Bergearbeiten viele Marmorwerke, zwanzig Jahrhunderte verborgen lagen — das
die besonders großes Interesse verdienen: Torse, größte Interesse der Gegenwart. Sie sind Do-
kolossale Köpfe, Bas-Reliefs, Statuetten, griechi- kumente einer Kunstblüte ersten Ranges. Ge-
sche Inschriften, Fragmente von monumentalen genwärtig sind sie in sechs großen Sälen des
Museums im Bardo zu Tunis ausgestellt.*)
- - _____— Der Fund einer Lampe von Terrakotta,
die noch ihren verkohlten Docht trug, einer
Lampe, die am Ende des zweiten und am
^^5u*%^Sks>S&^^^B Anfang des ersten vorchristlichen Jahrhun-
• ^JBaf"■' fgaff^fr'^^ ~~"'^B ^ertS Gebrauch war; ferner cne Inschrift
Wv ^tafjjÄ einer Stele, die sich auf deren Original in
"t -jtfW^jM einem Tempel des Piräus bezieht, berechti-
gen zu der Annahme, daß die Reise des
Schiffes und dessen Untergang im ersten
^ Jahrhundert vor Christi stattfand. Dann
ist es höchst wahrscheinlich, daß der Ab-
VjfiE^Mk \te S sender des Schiffes Sulla war, der im
Jahre 86 Athen und Piräus plünderte und
P viele Kunstschätze nach Rom entführte,**)
Herr M. [A. Merlin, Direktor der Ver-
waltung der tunesischen Altertümer, hat
mit unablässigem Bemühen die Hebung
und die Bestimmung dieser seltenen Kunst-
schätze geleitet, und der forschenden Wissen-
schaft ist es gelungen, alle die Meisterwerke
™ zu identifizieren, die da nach einem
Schlummer von zwei Jahrtausenden wieder
ans Licht gebracht worden sind.
Zu diesem Aufsatz (der nach einer bei
A. Fortin in Tunis erschienenen Abhandlung
„Mahdia" frei übersetzt ist) möchten wir
noch nachtragen, daß die Bronzen unter
^-^»^^ diesen Funden durch die lange Lagerung
im Meere eine Patina gewonnen haben, wie
' i inJÖ ■ sie 'm solcher Schönheit sich nur noch bei
den Ausgrabungen von Herculaneum findet.
WbRBkf _j3H^K***dl^Hi^l *) Der Bardo ist der ehemalige Sommerpalast der Beys
von Tunis.
_ *•) Lucian berichtet, daß bei einem Schiffbruch viele
GROTESKE STATUETTE: ZWERGIN. BRONZE. BARDO- griechische Kunstwerke untergegangen seien. Vermutlich
MUSEUM, TUNIS. (Zu dem Aufsatz: „Griechische Kunstwerke handelt es sich also um dieses am Cap Afrika gestrandete
vom Meeresgrunde".) Aufgenommen von Lehnert & Landrock, Tunis Schiff!
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Dank der besonders generösen Freigebigkeit Trinkschalen mit bacchischen Szenen. Ferner
und der Subventionen des französischen Gou- kostbare Bronzen: Hohe Lampen auf Säulen,
vernements, des Gouvernements Tunesien, der Götterbüsten, Masken, Greife, Hausgeräte etc.
Akademie der Wissenschaften und Künste und Aber unter allen diesen Funden in Bronze sind
der Verwaltung der tunesischen Altertümer besonders unvergleichlich: Eine Statue des Eros,
wurden die Ausgrabungen jedes Jahr zur gün- eine Herme des Dionysos, zwei Gesimsteile in
stigen Jahreszeit fortgesetzt. Bronze, welche die schönen Halbbüsten der
Die Nachforschungen bewiesen, daß auf dem Ariadne und des Dionysos tragen; endlich zahl-
Grunde des Meeres ein am Pic gestrandetes reiche Statuetten, darunter sieben von großer
antikes Schiff lag, dessen Ladung sich haupt- Dimension und vollkommener Erhaltung,
sächlich aus Marmorwerken und Bronzen zu- Alle diese Werke fordern nach ihrem Um-
sammensetzte. Außerdem entdeckte man auf fange, ihrer künstlerischen Schönheit und nach
dem Schiff etwa sechzig Säulen von sechs ver- ihrer Bedeutung für die griechische Geschichte
schiedenen Ordnungen. — ungeachtet der vielfach erlittenen Zerstörung
Man fand dann während der langen und und nachdem sie auf dem Grunde des Meeres
mühseligen Bergearbeiten viele Marmorwerke, zwanzig Jahrhunderte verborgen lagen — das
die besonders großes Interesse verdienen: Torse, größte Interesse der Gegenwart. Sie sind Do-
kolossale Köpfe, Bas-Reliefs, Statuetten, griechi- kumente einer Kunstblüte ersten Ranges. Ge-
sche Inschriften, Fragmente von monumentalen genwärtig sind sie in sechs großen Sälen des
Museums im Bardo zu Tunis ausgestellt.*)
- - _____— Der Fund einer Lampe von Terrakotta,
die noch ihren verkohlten Docht trug, einer
Lampe, die am Ende des zweiten und am
^^5u*%^Sks>S&^^^B Anfang des ersten vorchristlichen Jahrhun-
• ^JBaf"■' fgaff^fr'^^ ~~"'^B ^ertS Gebrauch war; ferner cne Inschrift
Wv ^tafjjÄ einer Stele, die sich auf deren Original in
"t -jtfW^jM einem Tempel des Piräus bezieht, berechti-
gen zu der Annahme, daß die Reise des
Schiffes und dessen Untergang im ersten
^ Jahrhundert vor Christi stattfand. Dann
ist es höchst wahrscheinlich, daß der Ab-
VjfiE^Mk \te S sender des Schiffes Sulla war, der im
Jahre 86 Athen und Piräus plünderte und
P viele Kunstschätze nach Rom entführte,**)
Herr M. [A. Merlin, Direktor der Ver-
waltung der tunesischen Altertümer, hat
mit unablässigem Bemühen die Hebung
und die Bestimmung dieser seltenen Kunst-
schätze geleitet, und der forschenden Wissen-
schaft ist es gelungen, alle die Meisterwerke
™ zu identifizieren, die da nach einem
Schlummer von zwei Jahrtausenden wieder
ans Licht gebracht worden sind.
Zu diesem Aufsatz (der nach einer bei
A. Fortin in Tunis erschienenen Abhandlung
„Mahdia" frei übersetzt ist) möchten wir
noch nachtragen, daß die Bronzen unter
^-^»^^ diesen Funden durch die lange Lagerung
im Meere eine Patina gewonnen haben, wie
' i inJÖ ■ sie 'm solcher Schönheit sich nur noch bei
den Ausgrabungen von Herculaneum findet.
WbRBkf _j3H^K***dl^Hi^l *) Der Bardo ist der ehemalige Sommerpalast der Beys
von Tunis.
_ *•) Lucian berichtet, daß bei einem Schiffbruch viele
GROTESKE STATUETTE: ZWERGIN. BRONZE. BARDO- griechische Kunstwerke untergegangen seien. Vermutlich
MUSEUM, TUNIS. (Zu dem Aufsatz: „Griechische Kunstwerke handelt es sich also um dieses am Cap Afrika gestrandete
vom Meeresgrunde".) Aufgenommen von Lehnert & Landrock, Tunis Schiff!
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