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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Die Plastik des Berliner Märchenbrunnes
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0861

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DIE PLASTIK DES BERLINER MÄRCHENBRUNNENS

BERLINER JVUERCHENBUNNEN ARCHITEKTONISCH - BILDHAUERISCHE EINZELHEIT

Grenze stehen, wo eine zu leichte und zu billige
stilisierende Vereinfachung der Form zur öden
Steinmetzplastik hinüberführt — ihre Mehrzahl
ist doch von einer liebenswürdigen und echt
naiven Empfindung beseelt. Figuren wie die
Prinzessin mit den sieben Raben, Dornröschen,
Hänsel und Gretel, Schneewittchen mit den
überaus drolligen Zwergen sind in ihrer Art
Kabinettstücke. Es ist keine Frage: hier ist eine
Aufgabe in die richtigen Hände gelegt worden.
Wie würden sich wohl einem solchen Vorwurf
gegenüber verschiedene unserer modernen Aus-
stellungsgenies und berufsmäßigen Neuland-
entdecker verhalten, die als Gipsbildhauer und
Aktmodelleure in heroischem Gegensatz zu den
großen Traditionen der Kunstgeschichte immer

„Neues" und noch nie „Dagewesenes" bieten
wollen? Es wäre recht amüsant, wenn man sie
einmal an einem solchen volkstümlichen Werk
tätig sähe . . .

An die feine Innerlichkeit der Taschnerschen
Figuren, ihre eigene Erfindung, ihre liebevolle
Durchbildung der Einzelheiten reicht das übrige
Bildwerk nicht heran. Am Märchenbrunnen
hat Taschner aufs neue bewiesen, daß er von
all den Künstlern, die der Süden beziehungs-
weise München nach Berlin sandte, das einzige
Original ist. Seine Mitläufer und Nachfolger
haben in den meisten Fällen nichts anderes
eetan, als die holde Naivität des Pfefferkuchens
auf die jetzt so beliebten Muschelkalksteingebilde
übertragen. 55.

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