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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Müller-Clemm, Wolfgang: Mannheim, Gründung und Bestimmung
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0036

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bannen und unter lebhaftem Toastieren mit gutem, schwerem Mannheimer
Wein die kommende Arbeit zu feiern. In tosendem Anwetter fährt man des
Abends nach Heidelberg zurück.
Im zweigeteilten Bauplan ist erst die Feste Friedrichsburg vorgesehen,
die militärische Stätte über der Stadt, für viele Taler guten Lohns baut man
die Wälle nach alter Wissenschaft und Wohl bewährter Tradition. Mannheim
selbst kommt ein wenig später daran, nach des Holländers Plan strecken sich
rasch die langen Straßen, legen sich regelmäßig und klar die vorgesehenen
Quadrate. Ohne Bewohner keine Stadt. In Heidelberg finden sie Rat.
kluge Köpfe zimmern ein Prospekt, für die neue Stadt eine wirkungsvolle
Reklame. And Friedrich IV. schreibt im Ianuar 1607 seinen verschnörkelten
Namen unter die „Freiheiten und Begnadigungen, welche der durchlauchtigst
hochgeborene Fürst und Herr, Herr Friedrich Pfalzgraf bey Rhein und des
heiligen Römischen Reiches Erztruchseß und Churfürst, Hertzog in Bayern ec.
denjenigen welche sich in Ihrer Churs. Gnaden newen Stadt Mannheim
häußlich niederzulassen gemeynt, accordiert und bewilligt."
Diese „Privilegien", ihrer umständlichen und großmütigen Form ent-
kleidet, lauten im Amtsstil heutiger Zeit:
1. Die Einwohner der Stadt sollen von allen Frohnleistungen gegen das
kurfürstliche Land befreit sein.
2. Personen, welche in dem zukünftigen Mannheim bauen und sich nieder-
lassen wollen, erhalten Zollfreiheit zu Lande und zu Wasser für ihr Zuzugs-
gut und bleiben selbst bei Wiederfortzug abgabefrei.
3. Da die Stadt Mannheim am Zusammenfluß von Rhein und Neckar,
für den Kaufhandel besonders geeignet, soll zuziehenden Kaufleuten im
Schiffsverkehr mit Worms, Oppenheim, Mainz, Speyer, Heidelberg jede
Hilfe und Förderung zuteil werden, um die Kaufmannschaft ansehnlich zu
fördern.
4. Zuziehende Kaufleute sind für zwanzig Iahre steuerfrei, Inländer für
in Mannheim errichtete Häuser und Bauten desgleichen.
5. Vorschriften für den Rats-, Iahr- und die Wochenmärkte werden zur
allgemeinen Zufriedenheit ausfallen.
6. Baulustige erhalten im Plan bezeichnete Plätze kostenlos. Zahlbar
sind lediglich im Iahr 4 Pfennige Bodensteuer für die Rute Land. Dem zu-
erst Kommenden steht die Freiheit der Wahl zu.
7. Am die Bautätigkeit zu fördern, können benötigte Mauer-, Quader-
und Werksteine den Nächstliegenden kurfürstlichen Neckarsteinbrüchen kostenlos
entnommen werden. Bruchlohn und Fracht gehen zu Lasten der Empfänger.
8. Für die Verwendung von Ziegelsteinen stehen örtliche billige Bezugs-
möglichkeiten zur Verfügung. Brennöfen dürfen errichtet werden.
9. Bier- und Weinsteuer werden wesentlich niedriger gehalten als in den
benachbarten Städten.
10. Für den Hausgebrauch bestimmte Mengen an Wein, Bier, Korn oder
Mehl bleiben abgabefrei.
11. In Mannheim hergestellte Woll- oder Lederfabrikate erhalten Meist-
begünstigung.

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