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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Semper, Hans: Donatello, seine Zeit und Schule, [4]
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Gradt, Johann: Die Pfarrkirchen Maria Gail und St. Stefan, sowie die Filialkirche St. Kanzian bei Villach
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0040

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34

Mittelalter Genüge geleistet wurde, so ist vor Allem zu
betonen, dass gerade die Steinschneidekunst in dieser
Epoche in tiefen Verfall gerieth, und dass man sich des-
halb, wie in der Architektur, zumal in Italien, mit
antiken Säulen, so behufs des Edelsteinschmucks mit
antiken geschnittenen Steinen behalf. Ja, nicht bloss
zur Besetzung von Geräthen, Büchern etc., sondern
geradezu auch zum Siegeln bediente man sich in
dieser Zeit antiker Steine. Pipin siegelte mit einem
indischen Bacchus; Karl der Grosse mit einem Serapis etc.
Dennoch hörte auch in christlicher Aera die Stein-
schneiderei nicht gänzlich auf, sie fand nothdürftige
Pflege ebensowohl in Italien und bei den andern christ-
lichen Völkern, als besonders in Byzanz. Doch verfiel
auch diese Kunst der allgemeinen Geschmacksbarbarei.
Die Abendländer zogen im allgemeinen figürliche Dar-
stellungen, Köpfe etc. vor, und behandelten sie noch in
antiker runder Weise; die Byzantiner verlegten sich
besonders auf Blattwerk und wendeten einen flachen
Schnitt an. Die Bevorzugung des Blattwerkes hängt
vielleicht mit der Bilderstürmerei, sowie mit der reli-
giösen Concurrenz der Mohammedaner zusammen. Auch
diese letzteren nahmen das Schneiden der Gemmen an,
die sie mit Koran-Sprüchen schmückten.
Im Museum Vettari zu Rom befand sich eine alt-
christliche Gemme mit dem Bildniss des Täufers, der
in der Linken ein Lamm, in der Rechten einen Kreuzes-
stab hielt. Über denselben Arm hing der Zipfel seiner
Toga herab. Ferner eine erhabene Carneole mit
Christus im Heiligenschein, mit Mantel, Buch und der
Inschrift IC. XC.; ein Heliotrop (der am 1. Januar 1734
auf dem Kirchhof von Neapel gefunden ward) mit der
Madonna und dem Kind, sowie einzelnen, griechischen
Lettern; eine Gemme mit der Madonna, welche die Arme
segnend erhebt; vor ihr das Kind in einem Becken, aus
welchem zwei Ströme Wasser fliessen; dazu die In-
schrift MP ©T HfHITII (Mutter Gottes-Quelle); ein Opal
mit eingeschnittenem Ank er; ein Onyx mit Anker und
Fischen und der Inschrift: IH2 0T2 XPEI2T02; ein

Opal, auf dessen einer Seite A. X. w., auf der andern
eine Taube etc. In den römischen Kirchhöfen wurden
drei Armbänder von Edelsteinen gefunden, wovon eines
die 12 Zodiakalzeichen eingeschnitten zeigte.
Eine byzantinische Camee des X. Jahrhunderts befindet
sich in der Bibliotheque imperiale von Paris. Dieselbe
besteht aus dreischichtigem Sardonyx von 47 Millim.
Länge und 13 Millim. Breite und zeigt die Büste Christi
mit ausgestreckten Armen, über ihm S. Georg und Deme-
trius. Die Zeichnung der Figuren soll elegant sein. Vom
X.bis XII. Jahrhundert scheint auch diese Kunst wenig-
stens in Italien fast völlig ausser Übung gekommen zu
sein. Dagegen nahm sie vielleicht mit den übrigen Künsten
im XIII. Jahrhundert wieder einigen Aufschwung, da
wenigstens in derselben Zeit eine Unmenge von Edel-
steinen aus dem Orient nach Italien geführt wurden.
Hierauf kommen wir später zurück.
Als Anhang zu diesem Capitel sollen noch einige
Notizen über das Vorkommen im Mittelalter von Vasen
etc. von kostbaren Steinen, und in Gold eingefasst
folgen.
Was Italien betrifft, ist jener obenerwähnte sap-
phyrne Becher in Monza hervorzuheben; ferner eine
Chalcedonschale, in vergoldetem Silber eingefasst und
mit Edelsteinen besetzt. In Frankreich schenkt die
Königin Brunhilde einen Kelch von Agath Onyx, mit
Gold eingefasst, an den Bischof Desiderius von Auxerre.
Auch diese in der Mitte zwischen Skulptur und
Goldschmiedkunst stehende Technik erlangte in der
Renaissance einen ähnlichen Aufschwung wie sie ihn
im Alterthum haben mochte.
Sowohl die zum Schmuck verwendeten Edelsteine,
wie auch die Gefässe und Geräthe aus kostbarem Stein
wurden im Alterthum, wie in der christlichen Aera
durch Glas nachgeahmt, ursprünglich weniger des Be-
truges, ja oft nicht einmal der Wohlfeilheit halber, da
auch das Glas anfänglich kostspielig war.
(Fortsetzung folgt.;

Die Pfarrkirchen Maria Grail nnd St. Stefan, sowie die Filialkirche
St. Kanzian bei Villach.
Von Joh. Gradt.
(Mit 10 Holzschnitten.)

In Urkunden wird diese Kirche schon im 12. Jahr-
hunderte als Mutterpfarre genannt; allein der gegen-
wärtige Bau gehört der Ausgangszeit des 14. Jahrhun-
derts an. Die Veranlassung zur Umstaltung der einsti-
gen romanischen Kirche und beziehungsweise zum Wie-
deraufbaue in der gothischen Periode dürfte in dem
grossen Erdbeben zu suchen sein, von welchem im Jahre
1348 ein grosser Theil von Kärnten schwer heimgesucht
wurde. In der Chron. Zwettl Recent. p. 544 findet sich
darüber folgende Stelle: In conversione S. Paulifactus
est terrae motus ita magnus, quem nostra aetas non
meminit. Nam in Carinthia, Styria, Carniola usque ad
mare plus quam XL firmissima castra et civitates sub-
vertit, et mirum in modum montem magnum super altum
montem projecit et ibi aquam fluentem obstruxit; quae

etiam plures villas subvertit. In der Chron. Salzb.
p. 412.: Civitatem Villach violenter subvertit. In der
Chron. Mellicem. Chron. Zwettl ap. Rauch II p. 323 bis
324 geschieht dieses Elementarereignisses ebenfalls
Erwähnung. In Folge dieses Erdbebens hatte sich von
dem bei Villach gelegenen Berge Dobratsch ein mächti-
ger Abhang abgelöst, dadurch im Drauthale eine Stau-
ung des reissenden Gebirgsflusses verursacht, der nach
dem plötzlichen Durchbruch des Hindernisses, das sich
ihm entgegengestellt hatte, mit den angestauten Wasser-
massen jene verhängnissvolle Katastrophe herbeigeführt
hatte, bei welcher alle im Bereiche der Ueberfluthung
gelegenen Ortschaften zerstört und auch die uralte
Pfarrkirche Maria Gail, zwar seitwärts aber doch noch
in unmittelbarer Nähe der Inundation gelegen, zu Grunde
 
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