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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Födisch, Julius Ernst: Beiträge zur archäologischen Fundchronik Böhmens
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0173

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— 151 —
Beiträge zur archäologischen Fundehronik Böhmens.
Von Dr. Födisch.

Bei Gelegenheit des Baues der böhmischen Nord-
westbahn wurden am rechten Ufer der Elbe mehrere
alte Grabstätten aufgefunden. Die Balm durchzieht
zwischen Neratowitz und Gastorf ein hügeliges Terrain,
tritt unterhalb letzteren Ortes ins eigentliche Elbthal
und von da führt ihr Schienenstrang längs des Ufers,
meist knapp am Strom nach Aussig. Da in diesem Zuge
sich mehrere Einschnitte finden und allenthalben behufs
Gewinnung des für Dammaufschüttungen nöthigen Ma-
teriales tiefere Erdschichten biosgelegt wurden , wird
die Auffindung der einzelnen Grabstätten erklärlich. Im
Vorhinein mag erwähnt werden, dass die Funde von
thierischenResten aus der Diluvial-Zeit kaum
nennenswerth sind. Die Diluvialschichten sind unmit-
telbar an den Flussufern vielfach durchbrochen und
verändert. In den noch unberührten Diluvialschichten
fand sich ein Backenzahn von Mammuth (cl. primi-
genius) unterhalb Leitmeritz und ein leider von den
Arbeitern zertrümmerter Schädel des Rhinoceros
tychorrhinu s. Vom letzteren Funde erhielt die Samm-
lung der k. k. Lehrerbildungs-Anstalt in Leitmeritz
mehrere Stücke, welche wenigstens die Fundstätte und
den Fund selbst in seinen wesentlichen Theilen bestim-
men Hessen.
Reichhaltiger gestalteten sich die Funde aus jün-
gerer Zeit, zumeist in Gräberstätten. Als Fundorte sind
zu nennen:
1. Gastorf. Indem Einschnitte zwischen Gastorf und
Schwarzenitz (Svafenice) wurden in einer Tiefe von 6'
drei Brandgräber aufgedeckt. Selbe sind in den Bo-
den, rother Lehm, rund gestochen und bis 4' hoch mit
Asche ausgefüllt. Die Fund-Objecte beschränken sich auf
drei gut erhaltene Aschentöpfchen , die am Boden der
Gräber standen, mehrere andere wurden zertrümmert.
Diese Aschentöpfchen sind 10 Cm. hoch, 8 Cm. breit,
aus schwärzlichem Thon mit freier Hand geformt und
angefüllt mit Asche und halbverbrannten Knochenstück-
chen. Obgleich in keinem der Gräber Metallgegenstände
gefunden wurden, werden diese Gefässe nach Gestalt
und Arbeit, sowie nach der Form der Gräber der jün-
geren Bronzezeit angehören.
2. Polepp, Dorf unweit Gastorf. Bei Abräumung
eines Sandsteinbruches wurde hier ein Aschengrab auf-
gefunden, ebenfalls von runder Gestalt; in demselben
stand eine Urne und ein Napf, beide aus schwarzem
Thon mit freier Hand gefertigt. Die Urne ist an der
Aussenseite mit Graphit glänzend geschwärzt, 15 Cm.
hoch und eben so breit, charakterisirt durch eine kleine,
kaum 5 Cm. im Durchmesser haltende Basis. Metall-
objecte kamen nicht vor ; nach Gestalt und Technik
finde ich mit den Urnen des nachfolgenden Fundes keine
Verschiedenheit. Der Fund kam in die Sammlung der
Knabenvolksschule in Leitmeritz.
3. Libochovan , Dorf zwei Stunden nordwestlich von
Leitmeritz, unmittelbar am Elbestrande gelegen. Kaum
200 Schritte abwärts vom Dorfe entfernt, wurde bei der
Aushebung eines Grabens längs des Bahndammes eine
ausgedehnte Grabstätte aufgedeckt. Referent hievon
XIX.

benachrichtigt, konnte selbe einer eingehenden Unter-
suchung wenigsten an den längs des Bahndammes auf-
gedeckten Stellen unterziehen. Die Länge des unter-
suchten Terrains beträgt 80Meter,; es bildet eine schiefe,
sanft gegen die Elbe geneigte Fläche; wie weit die
Grabstätte gegen den nördlich gelegenen Berg Deblik
sich erstreckt, konnte augenblicklich nicht eruirt werden,
da die Fluren mit Saat bestellt waren. Die Gräber in
wechselnder Tiefe von 3—5 Schuhe (1—1-7 Meter)
kreisrund in den Boden gestochen, erweisen sich als
Brand- und Skelettgräber. Erstere bilden die weitaus
überwiegende Mehrzahl. Die Skelette sind gänzlich zer-
fallen, meist auch bis auf wenige Knochenreste aufge-
löst. An Beigaben ist die Libochowaner Grabstätte sehr
reich. Gefunden wurde: a) Thongefässe, und zwar
Urnen, meist 8-10 Cm. hoch, aus rothem Thon gefer-
tigt, entweder zweihenkelig oder ungehenkelt ; im erste-
ren Falle haben die Urnen Wülste an der Ausbauchung.
Basis und Henkel der Urnen sind von sehr kleinen
Durchmesser; an einzelnen Exemplaren ist die Öffnung
der letzten eben nur gross genug, um einen Bindfaden
hindurchziehen zu können. Sämmtliche von mir aufge-
fundenen Urnen zeigen keine Ornamentik. Eigenthüm-
lich sind die in den Libochowaner Gräbern häufig vor-
kommenden Miniaturnachahmungen grösserer Urnen;
sie haben nur eine Höhe von 5 Cm. und stehen meist in
grösseren Gefässen. Ausserdem fanden sich Näpfe,
Schalen und gehenkelte Töpfe; letztere zeigen sehr ein-
fache , aus parallelen Strichen bestehende Ornamen-
tirungen. Sämmtliche Gefässe sind aus freier Hand
geformt, b) B r o n z e - G e g e n s t ä n d e und zwar spiral-
förmige Ringe mit parallelen Strichen verziert und
Nadeln, am Knopfe wulstig ornamentirt. Die spiral-
förmigen Ringe haben durchwegs nur einen Durchmesser
von 5—6 Cm. An thierischen Überresten fanden sich
Knochen von Rind,, Hirsch, Reh, Wildschwein und Bären;
am häufigsten sind Hirsch und Wildschwein vertreten;
die Gehörne des ersteren, sowie die des Rehes, sind
abgeschnitten und zu Pfriemen zugearbeitet. Auch hier
ist, wie bei ähnlichen Funden im nordwestlichen und
nördlichen Böhmen, jedes einzelne Grab mit Steinen
überdeckt. Die Fund-Objecte, selbst die Thongefässe
sind, da sie durchwegs in trockener, aschenhältiger
Erde lagen, gut erhalten. Form und Technik der Thon-
gefässe, sowie der Bronzegegenstände lassen für das
Libochowaner Todtenfeld die jüngere Bronzezeit er-
kennen. Eisengeräthe wurden von mir in zehn geöffneten
Gräbern nicht gefunden. Eine weitere Aufdeckung der
Gräberstätte, soweit es die darauf gepflanzten Obstbäume
gestatten, steht für den nächsten Frühling bevor.
Waffen fanden sich in den Libowochaner Gräbern nicht;
doch wurde bei Baggerungsarbeiten aus dem Srom-
bette der Elbe ein Bronze sch wert gehoben, das in’s
böhmische Museum kam. Bei letzteren Arbeiten wurden
auch auf der Strecke zwischen Grosstschernosek und
Sebesein mehrere St ein hä mm er — mir sind 11 Stücke
bekannt — gefunden; sie sind sämmtlich aus Basalt
gefertigt, bieten aber alle als Baggerungsobjecte nur
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