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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Lind, Karl: Restaurationsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0306

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266

ßestaurationsberichte.

In den letzteren Jahren war man in unserem Vater-
lande vielerorts bestrebt, so manche der altehrwürdigen
und hervorragenden .Baudenkmale einer eingehenden
und meistens wohldurchdachten Restauration zu unter-
ziehen, um die Schäden Jahrhundert langer Vernach-
lässigung wieder zu beseitigen und die Bauwerke theils
in ihrer ursprünglichen Schönheit wiederherzustellen,
theils das an denselben noch unvollendet gebliebene
zu ergänzen und das Werk zu vollenden. Grosse Summen
spendete der Staat, auch die einzelnen Provinzen setzten
für derlei Ausgaben solche in ihr Budget, namhafte Bei-
träge flössen aus den Cassen der Gemeinden und geist-
lichen Corporationen, und die milde Hand Einzelner
that sich mit grossen und kleinen Gaben wiederholt für
diese Zwecke auf. Ich weise nur beispielsweise auf die
Restaurationsbauten am Wiener Münster, die in der Aus-
führung eines passenden Abschlusses des nördlichen
Thurmes ihren vorläufigen Abschluss finden dürften, —
auf den Prager Dom, der in seinem schon bestehenden
Theile leider noch der Polychromirung entbehrt,
und nun des Weiterbaues harrt, um, wenn auch nicht
in der Schönheit seines ursprünglichen Entwurfes, so
doch nach einem geistreichen Plane zu einem kirchlichen
Bauwerke ersten Ranges in räumlicher Ausdehnung
erhoben zu werden, wie er es als unvollendetes Bauwerk
bereits war, — wir übergehen die vielen tüchtigen Restau-
rationen von Kirchen in Böhmen und Mähren, die in un-
seren Blättern schon besprochene Kirche zu Heiligen-
kreuz, und wollen nur auf die derartigen Bauten zu Li-
lienfeld , Klosterneuburg und Admont näher eingehen.
Leider können wir von der Restauration so mancher an-
derer merkwürdiger Kirchen- und Klosterbauten bisher
nichts berichten, obwohl dieselben einer solchen im In-
teresse der Kunstbedeutnng des Bauwerkes nicht min-
der dringend nöthig hätten. Es sind dies unter anderen
der Dom zu Parenzo, die Frauenkirche zu Wr. Neustadt,
die St. Michaelskirche in Wien , die St. Peterskirche zu
Salzburg , der Dom zu Trient, der Dom zu Sekkau, die
leider so arg verstümmelte Stiftskirche zu Klosterneu-
burg mit ihren ruinenähnlichen Thürmen u. s. w.
Wenden wir uns der Restauration des Kreuzgan-
ges in L i 1 i e n f e 1 d zu. Die Kunde, dass an den altehrwür-
digen Gebäuden dieser Abtei der letzten Babenberger Stif-
tung in Österreich Restaurirungs-Arbeiten vorgenom-
men werden, veranlasste den Berichterstatter und
einige seiner Freunde , einen Ausflug in das herr-
liche Traisen-Thal zu machen. Die in neuerer Zeit wie-
derholt von berufenen und unberufenen Händen durch-
geführten Restaurationen kirchlicher Bauten haben
leider gelehrt, dass nicht immer mit der gehörigen Pietät
für das Bestehende vorgegangen wird und des Guten
weit mehr geschieht, denn nöthig ist. Ich muss gestehen,
dass wir in Folge dieser Erfahrungen mit einer gewissen
Ängstlichkeit und mehr des Üblen als des Lobenswer-
then erwartend , die Pforte des Klosters überschritten.
Lilienfeld hat im Ganzen genommen wenig Schick-
salsschläge erlitten, daher der grössere Theil seiner

ursprünglichen Bauwerke, geringe Umgestaltungen ab-
gerechnet, bis zur Gegenwart unverändert erhalten
blieb.
Es war im Jahre 1206, als neun Mönche des Or-
dens von Cisterz unter Führung des Abtes Okkerus aus
dem Kloster Heiligenkreuz, der Stiftung des Markgrafen
Leopold, auszogen und als Culturbringer in das un
wirthschaftliche Traisen-Thal wanderten, um sich zu-
nächst dieses spiegelhellen wasserreichen Flusses, in
dem auf einer kleinen Anhöhe beim Eingänge eines
freundlichen Seitenthaies angelegten Klostergebäude,
als dessen erste Bewohner niederzulassen. Vom Stifter
Marienthal geheissen, blieb es im Volksmunde doch
immer Lilienfeld benannt.
Diese frommen Siedler folgten dem Rufe des glor-
reichen Herzogs Leopold VII., jenes edlen Regenten aus
dem ehrwürdigen Hause Babenberg, der sich umWien’s
Jugendzeit so manches Verdienst erworben hat und
einer stäten dankbaren Erinnerung würdig bleibt.
Herzog Leopold, der schon im Jahre 1200 dem Ge-
neralcapitel zu Cisterz seinen Willen bezüglich einer
Klosterstiftung für diesen Orden kundgab, legte am
10. April 1202 den Grundstein zur Klosterkirche. Der
Bau der Klostergebäude ging sehr langsam vor sich und
war, obgleich schon vier Jahre darauf, wie erwähnt, die
Mönche ihren Einzug hielten, bei weitem nicht vollendet.
Sie fanden nur den Bau des Oratoriums mit einer Ca-
pelle, des Schlaf-, Speise- und Capitelhauses abge-
schlossen.
Im Jahre 1209 fertigte Herzog Leopold den Stifts-
brief aus, durch den er seiner Stiftung reichliche Gaben
spendete und deren Zukunft materiell zu sichern suchte.
Der Bau des Kirchengebäudes ging inzwischen ununter-
brochen weiter; Mauerwerk, Säulen und Pfeiler stiegen
rüstig empor und gliederten sich allmälig zu einem der
herrlichsten Bauwerke Nieder - Österreichs; auch der
nicht minder schöne Kreuzgang nahte sich der Voll-
endung.
Vom dem im Jahre 1217 unternommenen Kreuz-
zuge heimkehrend, lenkte der Herzog von der Heer-
strasse nach Wien ab, um seine geliebte Stiftung zu
begrüssen und reichen Reliquien-Schatz aus den heil.
Landen dahin zu schaffen. Damals war es auch, dass
Leopold der Bitte des Abtes Gebhard, des Nachfolgers
des um 1212 verstorbenen Abtes Okkerus , wegen Er-
bauung einer Pfarrkirche willfahrte. Dieselbe war für
die Klosterleute und Bewohner der Umgebung bestimmt
und sollte ausserhalb der Klostermauern entstehen*
wenige Jahre darauf war sie vollendet; zu Ende des
XVIII. Jahrhunderts wurde sie, weil überflüssig, ab-
getragen.
Wohl überzeugte sich der Herzog fast jährlich von
den Fortschritten des Baues und betrieb die Vollendung
durch aufmunternde Worte und thatkräftige Unter-
stützung, doch war weder ihm, noch dem Abte Gebhard
bestimmt, diese zu erleben. Im Jahre 1229 besuchte er
zum letztenmal die Stiftung , empfahl dieselbe seinem
 
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