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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Eitelberger von Edelberg, Rudolf: Die Resultate des ersten internationalen kunstwissenschaftlichen Congresses in Berlin
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Die Resultate des ersten internationalen kunstwissenscliaftliclien
(Kongresses in Wien.
Von R. v. Eitelberger.

Vom 1. bis 4. September 1873, tagte in den Räu-
men des österreichischen Museums in Wien der erste in-
ternationale kunstwissenschaftliche Congress, hervor-
gerufen durch das Bedürfniss, die Vertreter der moder-
nen Kunstwissenschatt unter einander in nähere per-
sönliche Berührung zu bringen und Fragen zu erörtern,
deren glückliche Lösung auf der Mitwirkung vieler,
gleichen Zielen zustrebender Fachmänner beruht. Es
lagen dem Congresse eine Reibe voii Aufgaben zur
Lösung vor, welche nicht bloss den engeren Kreis von
Fachgenossen interessiren, sondern auch Staatsregie-
rungen , Sammler , Kunstfreunde und Schulmänner.
Die verschiedenen Zweige des menschlichen Wissens,
welche iu den Kreis der modernen Kunst-Wissenschaft
gehören, stehen mit den geistigen Bedürfnissen der
modernen Gesellschaft in einer so innigen Verbindung,
dass , ^welche Frage auch immer auf kunstwissen-
schaftlichem Gebiete in der Öffentlichkeit auftreten
mag, sie gewiss lebhafte Theilnahme und vielfaches Inter-
esse hervorruft. Und so unterliegt es wohl auch keinem
Zweifel, dass diejenigen Fragen, welche auf der Tages-
ordnung des ersten kunstwissenschaftlichen Congresses
stunden, in den weitesten Kreise Theilnahme und Auf-
merksamkeit finden werden. Da die Verhandlungen,
die in höchst sachgemässer und ernster Weise durch-
geführt wurden, Anlass gaben, dass eine grosse Anzahl
von Fachautoritäten sich über verschiedene kunstwis-
senschaftliche Cardinalpunkte ausführlich und ein-
gehend ausgesprochen haben, so ist es wohl ange-
messen einen Rückblick auf diese Verhandlungen zu
werfen und insbesonders dasjenige hervorzuheben, was
vom Congresse selbst zur Durchführung beschlossen
oder als Gegenstand künftiger Verhandlungen in An-
regung gebracht worden ist.
Nach drei Richtungen hin waren die Verhand-
lungen des Congresses gerichtet:
1. waren Fragen Gegenstand der Debatte ge-
wesen, welche sich auf Museen und Kunstsammlungen,
die Catalogisirung von Sammlungen , die Ver-
waltungen der Museen und die Conservirung
von Kunstgegenständen beziehen;
2. war der kun s twi s s e n s c haf11 i ch e Unt e r-
richtmit besonderer Berücksichtigung der Hoch- und
Mittelschulen Gegenstand eingehender Besprechun-
gen gewesen, sowie die Frage der Reproduction
von Kunstwerken, sowohl mit Rücksicht auf den
Kunstunterricht, als auch mit Rücksicht der Bedürfnisse
der Museen, und endlich
3. war die Gründung von wissenschaft-
lichen Unternehmungen insbesondere eines Re-
pertorien- und Regestenwerkes, Gegenstand eingehen-
der Verhandlungen.
Die Frage der Cataloge von Museen und Kunst-
sammlungen wurde auch auf die Ausstellungen moder-
ner Kunstgegenstände ausgedehnt und von allen Seiten

die Nothwendigkeit betont, dieselben mit den Anfor-
derungen der modernen Kunstwissenschaft in Einklang
zu bringen. In eingehender Weise hat der Referent
dieser Frage, Herr Prof. Woltmann, sowohl den Zu-
stand geschildert, in welchem sich nur zu häufig die
Cataloge von öffentlichen Museen und Kunstsammlungen
der Gegenwart befinden und dagegen festgestellt,
welche Anforderungen vom Standpunkte der modernen
Kunstwissenschaft bei Abfassung von Catalogen fest-
zuhalten wären.
Eine Reihe von hervorragenden Fachmännern
haben sich an dieser Debatte betheiligt. DirectorEssen-
wein aus Nürnberg, Inspector Malss aus Frankfurt,
Prof. Dr. Kinkel aus Zürich, Geheimrath Dr. Schöne
und Dr. D o b b er t aus Berlin, die Herren Dr. Conze,
E. Engerth und J. Falke aus Wien, alle gleich-
mässig betonend die Nothwendigkeit, wissenschaft-
liche Gesichtspunkte festzuhalten, praktische Erfahrun-
gen zu fixiren und die Cataloge von Sammlungen wo
möglich nach gleichmässigen Grundsätzen zu behan-
deln. Nur in einem nebensächlichen Punkte, nämlich in
dem, ob die Bezeichnung „rechts oder links“ vom heral-
dischen Gesichtspunkte aus, oder vom Standpunkte des
Beschauers aus geschehen solle, war eine principelle
Divergenz der Ansichten bemerkbar.
Es wurde darauf hingewiesen, dass es in erster
Linie Sache der Regierungen und der Behörden sei,
denen öffentliche Sammlungen unterstehen oder auf
deren Anregungen Ausstellungen moderner Kunstwerke
veranstaltet werden, von dem bisherigen, durch nichts
zu rechtfertigenden Schlendrian abzuweichen und das-
jenige zu tbun, was gleichmässig im Interresse der
Belehrung des Publicums, der Förderung der Kunst
und der Kunstwissenschaft liegt und zugleich im wohl-
verstandenem Interesse Derjenigen ist, welche im Be-
sitze von Sammlungen oder einzelnen Kunstgegen-
ständen sind.
Es wurde mit Rücksicht auf die Verzeich-
nisse von Ausstellungen moderner Kunst-
gegenständ e darauf hingewiesen, wie ungleich
besser die französischen Ausstellungscataloge der mo-
dernen Kunst sind, als die österreichischen und deut-
schen und wie sehr diese einer gründlichen Reform be-
dürfen .
Unter dem Eindrücke dieser Debatte wurde in Be-
ziehung auf die wissenschaftliche Catalogisirung von
Gemäldegallerien mit Stimmeneinhelligkeit eine Resolu-
tion beschlossen, deren Adresse an die Staatsregierun-
gen und öffentlichen Behörden gerichtet ist, und zu-
gleich wurde den Regierungen und Behörden als Muster
für Cataloge von Ausstellungen moderner Kuustgegen-
stände der französisch-officielle Ausstellungscatalog
empfohlen.
Bei den Catalogen von Gemäldegallerien wurde
sowohl dasjenige berücksichtigt, was bei der Catalogi-
 
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