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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Lind, Karl: Ein mittelalterliches Altarkreuz
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Miškovský, Viktor: Das Gefäss für die heiligen Öle und der Taufstein in der Pfarrkirche zu Wallendorf (Ober-Ungarn)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0094

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und zahlreiche Geschenke, die die kirchlichen Schatz-
kammern Ungarns und Polens, ferner der Wahlfarts-
kirche zu Maria - Zell und der deutschen Königskirche
zu Aachen noch enthalten, zeugen vom frommen Sinne
dieses Königs bis an sein Lebensende. Vornehmlich
sind für uns zur Bestimmung des Herkommens dieses
Kreuzes die Gefässe und Geräthe der ungarischen
Capelle zu Aachen massgebend, da sich in der Schatz-
kammmer der Kirche zu Maria-Zell nichts mehr der-
artiges findet, obgleich derlei wie es heisst, von König
Ludwig auch dahin gewidmet worden sein soll.
Der Zweck der aus dem Jahre 1374 datirten Stiftung
dieser zu Ehren seiner Vorfahren der heiligen Stephan,
Emerich, Ladislaus, Elisabeth und Kunigunde erbauten
Capelle, die in unmittelbarer Verbindung mit der Krö-
nungskirche der deutschen Könige stand, war eine natio-
nale Capelle für die zahlreichen Pilger zu schaffen, die aus
Ungarn nach Aachen zogen, um vor dem dortigen Re-
liquienschatze ihre Andacht zu verrichten. König Lud-
wig versah behufs der Vollendung seiner Stiftung diese
Capelle mit vielen kunstreich verzierten Gefässen und
Geräthen, kostbaren Paramenten und sorgte, dass der
Gottesdienst daselbst für alle Folge von zwei unga-

rischen Caplänen gehalten werde. Mit eben diesen Ge-
fässen und Geräthen, von denen im VIL Bande der Mit-
theilungen zwei Reliquiare, ein Leuchter und ein mit
kostbarem Rahmen versehenes Gemälde, als Predella
dienend, abgebildet sind, und welche Kunstwerke gleich-
wie der kostbare Rahmen und der Emailgrund des
in Mariazell befindlichen unter dem Namen der Schatz-
kammer-Muttergottes befindlichen Bildes mit den sich
wiederholenden Wappen von Ungarn (Balken und Kreuz),
Polen und Anjou geschmückt sind, hat das in Rede ste-
hende Kreuz in Zeichnung, Ausführung und künstleri-
scher Behandlung, insbesondere in Benützung des
Emailschmuckes und in den architektonischen Beigaben
eine so auffallende Ähnlichkeit, dass mit Rücksicht auf
diese Umstände, für so lange, als nicht urkundlich ein
anderer Stifter und eine andere Zeit der Anfertigung
sichergestellt wird, dasselbe als ein aus der Initiative
dieses Königs zwischen 1370 und 1382 hervorgegan-
genes Prachtwerk der Goldschmiedekunst angenommen
werden muss, an dem die Form des Patriarchenkreuzes
bei ihrem Bezüge auf das ungarische Wappen gewiss
nicht ohne Absicht gewählt wurde.

• •
Das Gefäss für die heiligen Oie und der Taufstein in der Pfarrkirche zu
Wallendorf (Ober-Ungarn).
Von Prof. Victor Myskovsky.

Wallendorf, eine der sechszehn Zipser Städte, un-
weit Leutschau gelegen, gegenwärtig eine Station der
Kaschau-Oderberger-Bahn, besitzt eine auf einem Hügel
stehende gothische Pfarrkirche, die für den Kunstfreund
und Archäologen so manch’ interessante Kunstwerke
birgt. Indem ich mir diesmal die Aufgabe stelle ein
Gefäss für die heiligen Öle und den sehr interessanten
Taufstein dieser Kirche zu beschreiben, will ich über
die Kirche selbst nur weniges mittheilen.
Die Kirche ist dreischilfig, hat einen polygonalen
Chorschluss, sämmtliche gothische Fenster haben sehr
reiche Maasswerke. Einige alte, kunstreiche Chorstühle,
ein Theil des Sacramentshäuschens und einige Gefässe
vom Kunstwerth, dies ist das Inventar der Kunstgegen-
stände dieser Kirche.
Zuerst sei ein Ciborium erwähnt. Auf einem sechs-
blätterigen Kelchfusse ruht das über dem Grundrisse
des Dreipasses aus drei versehliessbaren cylinderförmi-
gen Büchsen (capsae, pyxides) zusammengesetzte
Gefäss, worin abgesondert die drei heil. Öle aufbewahrt
werden. In der Mitte des gemeinsamen Deckels erhebt
sich ein mit einer doppelten Kreuzblume geschmücktes
fialenförmiges Thürmchen, welches am Kranzgesimse
zinnenartige Bekrönung zeigt. Die Wahl dieses einem
Vertheitigungstlmrme ähnlichen Abschlusses, für diese
Gefässe scheint sich auf das bei der letzten Ölung vor-
kommende Gebet: „Esto ei, domine, turris fortitudinis
a facie inimici etc.“ zu beziehen. Das Ganze ist recht
zierlich gearbeitet, hat bis zur Spitze der Kreuzblumen
F 4" Höhe; das Material ist vergoldetes Kupferblech,
dem Style nach dürfte dieses Gefäss aus dem XV.
Jahrhundert stammen.

Das sehr interessante Taufbecken dieser Kirche
steht bei einem Pfeiler der nördlichen Reihe, und hat
sehr gefällige Verhältnisse. Die Gesammthöhe des
Taufbeckens misst 3' 3" , der Diameter des Beckens
hat 24". Auf einem gewundenenFusse, welcher mit einem
gedrehten Nodus versehen ist, steht die becherförmige
oben nach aussen geschweifte Cuppe, welche in der
Mitte mit einer schönen gothischen Bordüre geschmückt
ist, auf welcher das Brustbild des heil. Johannes des
Täufers mit dem Lamme diametraliter zweimal vor-
kommt, sowie ein Wappenschildchen mit dem Buch-
staben T und dem Namen iljus. (Jesus)
Auf dem unteren Theile des Beckens, befindet sich
die aus gothischen Minuskel-Buchstaben bestehende
Umschrift, welche den Ort und die Zeit der Entstehung
dieses Kunstwerkes angibt.:
„(jit o fous o bapttsmt o pvetiuWoris o o
ctifoi o tc/erc o Ceqmfi o opptbi o >9ocati o
otafVp 010409070.
d. h. „ hic 0 fons 0 baptismi 0 precursoris 0 Jesu 0
christi 0 terre 0 scepusi 0 oppidi 0 vocati 0 olaszy 0
l°4o907°. Nach der Inschrift also wurde
dieses Taufbecken in Olaszy (Wallendorf) imjahre 1497
verfertigt.
Es scheint, dass in den Zipser Städten Neudorf
und Wallendorf, wo sich noch heute reiche Erzgruben
befinden, im XV. Jahrhundert der Metallguss sehr aus-
gedehnt betrieben wurde ; für diese Behauptung sprechen
viele alte Glocken und Taufbecken der Umgegend, ja
sogar in Bartfeld befindet sich eine aus dem XV. Jahr-
 
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