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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Födisch, Julius Ernst: Beiträge zur archäologischen Fundchronik Böhmens
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Födisch, Julius Ernst: Der Steinwall am Berge Hradik bei Černosek in Böhmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0174

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secundäres Interesse, da sich weder nachweisen lässt,
ob sie an Ort und Stelle im Strome versanken, oder aus
der Ferne durch die Wellen der Elbe herbeigetragen
würden.
Weit jünger ist ein Fund, der beim Ausgraben
eines Kellerraumes an der Ostseite jenes Hügels ge-
macht wurde, auf dem der Leitmeritzer Dom steht. Der
Besitzer des Gartens, in dem der Keller gebaut wurde,
nahm die Erdaushebung selbst vor und stiess dabei auf
drei deutlich von einander geschiedene Culturschichten.
Die oberste Schichte gehört unstreitig der Gegenwart
an. Kunstrecht geötfnete Austernschalen, Topfscherben,
Ziegelfragmente, Bruchstücke von Eisengeräthen und
moderne Münzen lassen schliessen, dass die betreffende
Schicht hauptsächlich der Düngung wegen in den Gar-
ten aufgeworfen wurde. Darunter liegt ein theilweise
noch wohl erhaltenes Steinpflaster, und unter demselben
eine zweite Moderschichte, ebenfalls mit Thonscherben,
Ueberreste grünglasirter Ofenkacheln und Bruchstücken
venetianischer Gläser. Eine dem XVI. Jahrhundert an-
geliörige, in der Schicht gefundene Silbermlinzfe, lässt
schliessen, dass diese Schichte aus der Zeit vor der
Begulirung des Domhügels unter dem ersten Leitmeritzer
Bischöfe Maximilian früheren von Schleinitz(1656 —1675)
stammt. Unter dieser Schichte liegt bei zwei Schuh
tief schwarze Modererde und darunter eine dritte,

aschenhältige Schicht, charakterisirt durch eine un-
geheure Menge von Thierknochen. Bestimmt wurden
Wild- und Hausschwein, Hirsch, Reh, Bär, Rind, Pferd,
Birkhahn, Rephuhn und Haushuhn. Die Knochen des
Rindes gehören der heute noch in Böhmen allgemein
verbreiteten rothbraunen Race an; die Pferdeknochen
weisen durchwegs auf einen mittelgrossen Schlag hin.
Zwischen diesen Knochen fanden sich schmale, eiserne
Messer, durchbohrte Eberzähne, ein zum Schlittschuh
zugearbeiteter Pferdeknochen (metacorpus equi Caballi)
mehrere aus dicken Thonscherben gefertigte Spinn-
wirtel, zerbrochene Wetzsteine und endlich Topfscherben
in grosser Menge. Da auf diesem Hügel einst die alte
Zupenburg der slavischen Luthomiritzen lag, glaube
ich, dass jene unterste Schichte dem genannten slavi-
schen Stamme angehören wird. Als sogenannte Ustrine
ist der Fundort nicht zu bezeichnen; wahrscheinlich
wurden liier die Küchenabfälle und der Kehricht
der alten Burg aufgehäuft. So finden auch die hier auf-
gespeicherten Knochenmassen ihre Erklärung. Leider
sind gerade solche Fundstätten, denen man fast bei
jeder Burg Böhmens begegnet, bis jetzt noch nicht
genauer durchforscht worden. Ich möchte diese Leitme-
ritzer Fundstätte ungefähr dem VIII.—XI. Jahrhundert
zuschreiben.

Der Steinwall am Berge Hradik bei Cernosek in Böhmen.
Von Dr. Födiseh.

Im Anschlüsse an meine in diesen Blättern ver-
öffentlichten Arbeiten über alte Wallbauten in Böhmen,
gebe ich hier nähere Details über einen nicht uninter-
essanten Doppelwall. Ungefähr eine halbe Stunde nörd-
lich von dem Dorfe Gross - Cernosek, der bekannten
Weinbau-Station Böhmens entfernt liegt der Hradek
oder wie er im Volksmunde gerne genannt wird, der
Dreikreuzberg. Er steigt senkrecht vom Elbespiegel auf
und besteht aus zwei Erhebungen, einer östlichen, die
sich auf Plateau sanft gegen die Elbe abdacht und von
dieser durch eine tiefe Einsattlung mit Steilrändern ge-
trennt, einer westlichen, die sich als eigentliche Kuppe
des Dreikreuzberges erhebt , weithin kennbar und
wohl Jedem der das Elbethal besucht, auffallend durch
drei auf dem äussersten Vorsprunge stehende Kreuze
und ein weithin schimmerndes Winzerhäuschen. Die
eigentliche Kuppe des Dreikreuzberges ist an einem
heute noch ganz wohl erhaltenen Doppelwall in einer
Ausdehnung von 1200 Schritten umsäumt , so dass die
Kuppe selbst den Mittelpunkt, die Wälle dagegen die
Segmente zweier concentrischer Kreise bilden , die
Fagaden, wo der Berg selbst wieder senkrecht zum
Elbthale abfällt. Der äussere Wall ist von der Berg-
lehne durch einen Graben getrennt, aus Erde und
Steinen durchwegs 12' hoch und an der oberen Fläche
ebenso breit aus Erde und kleinen Steinen aufgeführt;
er ist volständig gut erhalten. Von demselben durch
einen zweiten Graben getrennt liegt unmittelbar am
Rande des inneren Bergplateaus ein kleiner Steinwall,
an der inneren Seite 2, an der äussern gegen 5 Klafter
hoch. Das Hauptmateriale aus dem dieser innere Wall
besteht ist Plönerkalk, wie er eben in der nächsten

Umgebung gebrochen; dazwischen finden sich Basalt-
steine, Kiesel und Sandsteine eingeschiclitet. Der Plö-
nerkalk , als das nächstliegende und am leichtesten zu
gewinnende Material wurde am meisten verwendet; die
Basalte stammen von Dreikreuzberge selbst und dem
nächstgelegenen Stradischkenberge. Sie sind in weit
geringerer Zahl verwendet; das schwer brechende Ge-
stein gestattete offenbar nur den Verbrauch lose liegen-
der Stücke. Ebenso sind die aus dem Flussbett der
Elbe stammenden Kiesel spärlich verwendet; die Sand-
steine des Walles stammen aus der Umgegend des be-
nachbarten Dorfes Kamaik. Der innere Wall mit seiner
Höhe von fast 5 Klaftern erscheint wahrhaft imponirend,
und die von demselben eingeschlossene Fläche für einen
Lager- oder befestigten Platz ganz geeignet. Der Hra-
dek beherrscht die Elbe stromauf und abwärts voll-
kommen; er ist von der Stromseite vollständig unzu-
gänglich und da er gegen die Landseite durch einen
mächtigen Doppelwall geschützt erscheint, musste er
seinerzeit als ebenso bedeutender, wie auch wohlbefestig-
ter Punkt gelten. Dem ganzen Character der Befestigung
nach gehört dieselbe einer frühen Zeit an; kaum 300
Schritte vom Fusse des Hradek entfernt liegt die Ligo-
chawaner Gräberstätte, möglich, dass sich durch eifrige
Forschungen noch ein Zusammenhang zwischen beiden
nachweisen lässt. Am Hradek selbst haben meines
Wissens bis jetzt archäologische Nachforschungen nicht
stattgefunden; der Terrain ist auch, weil mit Obst-
bäumen und Weingärten bepflanzt, im Augenblick kaum
näher zu durchforschen. Ich bin vorderhand zufrieden,
wenn ich die Freunde der Alterthumskunde auf diesen
merkwürdigen Punkt aufmerksam gemacht habe.
 
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