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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Pichler, Fritz: Die römische Villa zu Reznei in Steiermark
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Ilg, Albert: Die Bedeutung der St.-Eligius-Legende für die Kunstgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0205

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erlaubt ist, die in dem Bereiche der Villa Vorgefundene
einzige Münze (Angaben über einen hier gehobenen
Goldschatz unberücksichtigt) mit den Kviegszügen des
Kaisers Aurelian in Zusammenhang zu bringen, so ist
zunächst vorauszuschicken, dass der Styl des Farben-
wandwerks, der Fictilien und des Schriftsteines ganz
wohl in das zweite und dritte Kaiser-Jahrhundert passen.
Es ist nun immerhin möglich, dass die Villa zerstört
worden ist zeitens der Raubzüge der Sarmaten, der
suevischen Vandalen, der Gothen, Markomanen, Quaden
und der Juthungen ans Alemanien, welche seit 271
n. Chr. bis 273 fast gleichzeitig norisches Land ver-
wüsteten und, eben durch Kaiser Aurelian um Pettau

aufs Haupt geschlagen, sich zurückzogen. In dem
zweiten Feldzüge dieser Jahre wurden die feindlichen
Völker bis an die Donau verfolgt. (Zosimus I. 654,
Vopiscus 99, 118, 151. Eutrop. 584. Vgl. Muchar St.
G. I. 280). Schiene diese Endzeit zu früh, so würde
das nächstangelegene Wagna durch den Schluss seiner
Münzreihe mit Arcadius wieder auf die letzten Jahre
des IV. Jahrhundertes hinweisen. Mir scheint der gol-
dene Mittelweg durch diese Zeiten der annehmbarste
und demnach wären die Römerbauten zu Reznei eine
zum oppidum Flavium solvense gehörende Villa rustica
aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhundertes nach
Christo.

Die Bedeutung der St. Eligius-Legende für die Kunstgeschichte.
Von A. Ilg.
Vortrag, gehalten im Wiener Alterthumsverein.

In der Kunstgeschichte, — oder vielleicht soll ich
präciser mich ausdrückend sagen, — in der Kiinst-
ier geschichte scheint die Mythe eine grössere Rolle
zu spielen, als ihr in der Regel eingeräumt wird. Schon
aus dem Grunde wohl, weil ihr Vorhandensein, ihr
häutiges Hineinspielen in die Berichte aus alter Zeit,
die uns von den Meistern, ihrem Leben und Wirken
Nachricht geben, den Forscher zu grosser Genauigkeit,
zu gespanntem Aufmerken in der Benützung der Quellen
nöthigen werden und die Nothwendigkeit eines derarti-
gen streng kritischen Sichtens des Sagenhaften vom
Wirklichen um so unerlässlicher erscheinen muss, je
mehr man sich überzeugt, dass weitaus das Meiste, was
uns schriftliche Denkmäler von alten Künstlern über-
liefern, viel eher dem Gebiete traditioneller Mythendich-
tung als dem der historischen Wahrheit zuzuzählen sein
werde. In dieser Beziehung bleibt der wissenschaftlichen
Forschung noch ein beträchtliches Stück Arbeit Vorbe-
halten, eine Aufgabe, deren endlicher Lösung wir jedoch
viel Licht und Klarheit im Bereiche der kunstgeschicht-
lichen Kenntnisse zu verdanken haben werden. Es ist
hier nicht von den Werken, nicht von den Schöpfungen
der Künstler die Rede, denn eine Richtigstellung der
althergebrachten und traditionell von Bericht zu Bericht
fortgeschmuggelten Angaben bildet schon heutzutage ein
Hauptheil unserer kunstwissenschaftlichen Thätigkeit
und ferner ist die irrige Zutheilung dieses oder jenes
Gemäldes an einen Meister, dem es in Wahrheit nicht
zugehört, oder die falsche Angabe eines Datums, der
Entstehung etc., wie eine alte Quelle sie berichtet, keine
Mythe, sondern ein Irrthum einfach. Aber es be-
gegnen in säinmtlichen Quellen, der antiken sowohl als
der mittelalterlichen und Renaissance-Kunstgeschichte
schier auf jeglichem Blatte über das Leben der Künst-
ler gewisse immerwiederkehrende Notizen , welche
durch ihre Gonformität, ja man könnte sagen Unifor-
mität, durch ihr stets wiederholtes Vorkommen ge-
eignet sind, den flüchtigen Leser selbst schon zu be-
fremden und ihm Uber ihre Authenticität Zweifel ent-
stellen zu lassen. Hi er ist es, wo der geschäftig webende
XIX.

Geist der Sage sein poetisches Spiel treibt, eine eigen-
thiimliche Erscheinung, der, wie gesagt, noch nicht
völlig genügende Beachtung geschenkt wurde. Hieher
gehören vor allem die abergläubisch erwogenen Zeichen
und prodigia bei der Geburt grosser Künstler, ihre oft
zufällige Berufung zur Kunst, wie bei Giotto , Bufifal-
maco; die Launen und frühen Neigungen des Lehrlinges,
sein Verhältnis» zu dem in vielen Fällen an Bedeutung
zurückstehenden Lehrer, wie bei Lionardo, Michel-An-
gelo, Holbein ; die Liebe und ihre Rückwirkungen auf
die Kunst, wie bei Rafael und Quintin Messys, Ehe und
zuweilen eheliches Missgeschick, wie bei Holbein und
Dürer, Neigung zu wildem Leben und Ausschweifung
wie bei van Dyck, Rafael, Guido Reni, Caravaggio,
ehrenvolle Bezüge zu Fürsten und hochgestellten Per-
sonen bei Tizian, Dürer, Velasquez, Verhalten im
Augenblicke des Todes und die zahlreichen apte dicta
und anekdotenhaften Äusserungen der Künstler, mögen
sietnun die Kunst oder das Leben betreffen. Ich bin
überzeugt, dass eine sorgfältige Prüfung dieser Un-
masse von Geschichten und Geschichtchen, wie sie vor
allem Vasari, dann Condivi, Paulus Jovius, Dolce, van
Mander, Sandrart, und genug andere bis herab auf Ju-
nius, de Piles und sonstige kritiklose Köpfe der Spät-
zeit ungesichtet zusammengeschrieben haben, zwar fast
die Hälfte unseres biographischen Materials Uber die
Künstler, das von den Vögeln des Zeuxis und dem Vor-
hänge des Parrhasios angefangen bis auf die Künstler
des heutigen Tages in jedem Taschenbuch für Damen
nachgebetet wurde , als baareDichtung erweisen würde;
auf der andern Seite aber, wenn solche Untersuchung
im Geiste David Strauss'scher Methode geübt würde,
müsste dieselbe auch in sehr interessanter Weise die
einzelnen und schliesslich ohne Zweifel sehr wenigen
Strömungen darlegen, auf die sich alle diese unzähligen
bloss wie Variationen desselben Themas zurückbeziehen
lassen. Es würde dadurch erwiesen werden, wie viel von
derlei ewig wieder gekäuten Anekdoten bloss literarische
Reminiscenzen sei und Hesse sich das Denkmal erfor-
schen, in dem die Geschichte zum erstenmal, — in
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