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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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L., ...: Der XIV. Band der Schriften des Alterthums-Verein zu Wien
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Henszlmann, Imre: Die Grabungen des Erzbischofs von Kalosca, Dr. Ludwig Haynald
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0317

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In ähnlicher Weise wie dieser behandeln zwei
folgende Aufsätze einzelne Orte und merkwürdige
Gegenstände Nieder-Osterreichs, der erstere vonDr. Ilg,
dem tüchtigen Mitarbeiter unserer Zeitschrift, eines
talentirten und durch wissenschaftliches Streben zu den
besten Hoffnungen berechtigenden jungen Gelehrten,
er bespricht zuerst die Burg Greifenstein, insbesondere
die dort befindlichen Gemälde , dann die Merkwür-
digkeiten der Stadt Korneuburg , wie die Stadt-
tliore und Mauerreste, den sogenannten Stadtthurm, den
interessanten Erker an einem Privathause, die Kirche
mit ihren Lichthäuschen und mit den vielen Grabdenk-

malen, dann die Burg Wartenstein und ihre Wiederher-
stellung.
Der nächste Aufsatz ergeht sich über die Ruine
Scharfeneck in der Wüste, über Stadtthore im all-
gemeinen, insbesondere Uber jene zu Wiener Neustadt,
Klosterneuburg und Krems, Uber den Karner zu Berch-
toldsdorf, die Denkmale zu Unter-Waltersdorf, Wilfleins-
dorf und Weigelsdorf. Gar manches Neue wurde damit
zur allgemeinen Kenntniss gebracht. Den Schluss der
literatischen Beiträge bildet ein Aufsatz des Professors
von Perger über die Weihnacht-Sitten.
L.


Die Grabungen des Erzbischofs von Kalosca, Dr. Ludwig Haynald..
Geleitet, gezeichnet und erklärt von Dr. Henszlmann. Leipzig 1873. k. fol. 222 S.

Der Berichterstatter betrachtet dieses umfangreiche
Buch mit einer Art Rathlosigkeit darüber, wie es anzu-
stellen ist, um über dasselbe in Kürze zu berichten. Es
enthält so viel des Neuen, Wissenswerthen und Belehren-
den, dass ein entsprechender Bericht nicht viel weniger
Umfang haben sollte, als das Buch selbst. Henszlmann
ging diesmal von seiner bisherigen Gewohnheit, seine Auf-
sätze mit zu grosser Breite anzulegen , und Bespre-
chungen entfernt liegender Gegenstände mit gewisser
Weitläufigkeit einfliessen zu lassen, ab, und behandelt
sein Thema mit ziemlicher Präcision; brachte jedoch das
Buch durch Aufnahme einer Art Kunstgeschichte Un-
garns als Einleitung zum gegenwärtigen Umfange. Der
Inhalt des Buches beschäftigt sich nämlich nicht bloss
mit jenen Nachgrabungen, die durch die Sommer-
monate von vier Jahren hindurch vorgenommen wur-
den und mit deren Ergebnissen, um den alten Dom
zu Kalosca in seinem Grundrisse nach Möglichkeit
sicher zustellen, sondern er bringt noch eine Übersicht
des heutigen Standes der mittelalterlichen Archäologie
in Ungarn, wodurch das durch die Bestrebungen und
Forschungen der Archäologie gewonnene Bild der Ver-
breitung der europäisch-mittelalterlichen Architectur ge-
gen Osten und der damit verbundenen Modificationen
erfreulich vervollkommt wird. Der Autor gibt wohl zu,
dass die in Ungarn noch erhalten gebliebenen Baudenk-
male im allgemeinen zwar nicht den Eindruck der Ori-
ginalität und der einen specifiseh entwickelten nationalen
Schulthätigkeit machen, immerhin dürften doch dieselben
in so weit von hohem Interesse sein, als sie Erzeugnisse
jener äussersten Schwingungen der Civilisationsbewe-
gung sind, die während des Mittellalters sich von Wes-
ten gegen Osten fortpflanzten, um dort an der Südgränze
zu verklingen. Henszlmann theilt seine Schrift in eine
namhafte Reihevon Unterabtheilungen und an der Hand
dieser wollen wir bei unserer übersichtlichen Bespre-
chung des Werkes Vorgehen.
Die erste Abtheilung des Buches hat die Über-
schrift: Die mittelalterliche Baukunst in Ungarn und
erörtert in ihrem ersten Abschnitte den internationalen
Verkehr dieses Landes. Henszlmann nimmt als den Zeit-
punkt des Eindringens der westeuropäischen Cultur nach

Ungarn, in das alte Pannonien, wo sie bereits den best-
vorbereiteten Boden findet, das XI. Jahrhundert an und
sieht das Motiv hiezu in der höheren Einsicht Geiza’s
und Stephan’» und in dem Einflüsse der Mutter und der Ge-
mahn des letzteren. Derselbe machte dem Streite der
Bischöfe von Passau und Salzburg um die wenigen da-
mals in Ungarn bestehenden Kirchen dadurch ein Ende,
dass er zehn Bisthümer gründete und seine Bischöfe
dem Papst unmittelbar unterordnete.
König Stephan stiftete auch den Dom in Stuld-
weissenburg als die Staatskirche, und baute ihn in den
grossartigsten Verhältnissen nach Art der älteren Basi-
liken Italiens, wozu er die Schätze des von ihm besieg-
ten bulgarischen Fürsten Kean verwendete. Es ist auf-
fällig, dass der byzantinische Styl in Ungarn nicht Fuss
fassen konnte, da doch Byzanz die Ungarn als Hilfs-
und Bundesgenossen berief, und ihm Ungarn ebenso
benachbart lag, wie Deutschland, da dessen Prunk end-
lich dem Erbübel der Ungarn, der Prunkliebe, so nahe
verwandt war, und dass endlich an seinem Hof König
Bela III. den hervorragendsten aus dem Arpad’schen
Königshause erzog und wiederholt dem Lande seine
Königinen gab. Kein einziges Denkmal dieses Styles
hat sich in Ungarn weder in Wirklichkeit noch in Auf-
zeichnungen und Nachrichten erhalten.
Eine Erklärung dafür dürfte sich wohl in der Ver-
schiedenheit der Kirchen finden, die das der christlich
orientalischen Religion zugethane Byzanz und dessen
Kunst von dem der occidental-christlichen Richtung zuge-
thanen Ungarn zurückdrängte.
Mit Bela III. beginnt für Ungarn eine Zeit des Glanzes
und reger Kunstthätigkeit zumTheile Dank dem Einflüsse
seiner aus Frankreich stammenden Gattin. Es entstehen
die ersten Cistercienserklöster in seinem Reiche, durch-
gehends Töchterstiftungen aus französischen Mutter-
häusern.
Mit Bela IV., den der verhängnissvolle Krieg mit
den Tartaren (1241) nöthigte, in Dalmatien Schutz zu
suchen, fand die Gothik auch in Ungarn Eingang, wo sie
sich durch drei Jahrhunderte herrschend erhielt. Es war
vornehmlich die deutsche Kunst, welche die von diesem
Könige ins Land gerufenen Deutschen nebst ihrem
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